Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Präliminarfriede von Leoben 18. April 1797.

Friedens-Geschichte.[]

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Erster Abschnitt.[]

Unterhandlungen. Waffenstillstand. Zeichnung der Friedens-Präliminarien.

Fünf Jahre weniger zwey Tage waren seit jener ungerechten, gehäßigen Kriegs-Erklärung Frankreichs gegen das Haus Oesterreich verfloßen, als am 18ten April dieses Jahrs die Friedens-Präliminarien unterzeichnet wurden. Die Geschichte dieses entsetzlichen Lustrums, welches seines gleichen an Morden und Blutvergießen nicht in der Reihe aller Jahrhunderte gehabt hat, ist in diesem Journale im vollständigen Inbegriffe beschrieben worden. Wir haben hier den Ausgang des großen Trauerspiels zu erzehlen. Es endigte, als eben die Verwicklung des Stücks auf höchste gespannt war, und das Glück der bisherigen Sieger sich in große Gefahr für sie verwandelt hatte.

Die Kühnheit des Generals Buonaparte hatte ihn in eine so bedrängte Lage gebracht, daß nur der Friede ihn retten konnte. Gleich beym Anfange seines Zuges ins Herz von Oesterreich äußerten schon in Paris verständige Militair-Personen, und Politiker, große Besorgniße über den so gewagten Marsch. Man fürchtete daß dieser junge, und glückliche Corsicaner mit einem großen Unglücke endigen möchte, deßen Folgen unübersehbar wären.

Vor ihm standen über 200,000 Mann, größtentheils freywilliger Streiter, deren stärkste Bewafnung ein heroischer Muth, und fester Entschluß war, zu siegen oder zu sterben. Hinter einer Kette von Redouten stand der Vortrab der regulirten Armee von 22,000 Mann, unter dem Generale von Seckendorf, mit einem Artillerie-Parc von 300 Feuerschlünden, in zwey Treffen. Auf der Flanke hatte Buonaparte bey Steyer die Armee des Erzherzogs Carl, gegen sich, welche durch einen Theil der Rhein-Armee verstärkt war. Hinter seiner Flanke hatten 60,000 Tyroler und regulirte Truppen bereits seinen linken Flügel geschlagen, und General Laudon stand ihm schon im Rücken, bey Verona. Die Venetianer folgten dem Beyspiele der Tyroler, schlugen seine Truppen, die im Venetianischen sich befanden, todt, und hatten, 40,000 Mann stark, schon die Päße besetzt, durch welche er seinen Rückzug nehmen mußte. Rechter Seite im Rücken war schon Triest, und Fiume wieder weggenommen, und viele tausende bewafnete Kroaten, und Einwohner des Littorale kamen nun auf ihn herangezogen. Auf der rechten Flanke war bereits der Aufstand der Ungarischen Nation beschloßen, und die ersten 50,000 Mann näherten sich bereits. Alle diese zahlreichen Heere waren nicht mehr, wie bisher, eine durch Gefechte abgemattete, durch Verluste geschwächte, durch manche Umstände muthlos gewordne Armee. Es war die Maße der gesammten Kräfte vieler Nationen, die für alles das stritten, was ihnen lieber war, als das Leben, die vom feurigen Muthe glühten, und geschworen hatten, die Feigen, und die Verräther, auf der Stelle zu tödten, und ohne zu weichen, fechtend zu sterben, oder zu siegen. -- Mit solchen Gefahren sahe sich Buonaparte umrungen.

Die beyden Französischen Rhein-Armeen konnten auch bey dem reißendsten Glücke, ihm nicht zu rechter Zeit zu Hülfe kommen. Der Oesterreichische Plan gieng dahin, bis nach Franken einer Seits, und bis ins mittlere Schwaben, andrer Seits, sich nur vertheidigungsweise zu verhalten, und nöthigen Falls der Uebermacht zu weichen; aber bey Wirzburg in Franken, und vor Ulm, in Schwaben, sollten sich die Armeen festhalten, und eben in jenen Gegenden sollte der Landsturm aus Franken, und der Landsturm aus Schwaben sich an die Armeen anschließen. Es waren bereits alle Anstalten getroffen, den schnell vordringenden Franzosen das vierfache jener Angriffe entgegen zu setzen, durch welche sie im vorigen Jahre, in so vertilgenden Niederlagen, über den Rhein zurück getrieben worden waren.

Buonaparte war nicht der letzte, der alle die Gefahren seiner Position einsahe. Er hofte durch verführerische Proclamationen in den Oesterreichischen Staaten eine solche Rolle zu spielen, wie in Italien, aber der Streich schlug fehl. Die biedre Treue wich nicht von den edlen Oesterreichern und Ungarn. Verlegen über dieses Mißlingen, wandte er sich selbst an den Erzherzog Carl in einem Schreiben vom 31sten März, deßen schon im vorigen Monate erwähnt worden. -- "Ist denn gar keine Hofnung, schrieb er an den Erzherzog, daß man sich verstehe? Sie, die durch Ihre Geburt dem Throne so nahe, und über die kleinlichen Leidenschaften erhaben sind, welche so oft Minister und Regierungen beseelen, sind Sie entschloßen, den Namen eines Wohlthäters des ganzen Menschengeschlechts und eines wahren Retters von Teutschland zu verdienen? Glauben Sie nicht, daß ich dadurch sagen will, es sey Ihnen nicht möglich, Teutschland durch die Gewalt der Waffen zu retten; aber wenn auch das Kriegsglück Ihnen günstig ist, so wird nichts desto weniger Teutschland verheert." -- Das war nicht die Sprache, die noch vor kurzer Zeit der junge Günstling des Kriegsglücks geführt hatte, der über Wien, wie er sagte, nach Paris zurückkehren wollte, der gekommen war, wie er sagte, um das Haus Oesterreich zum zweyten Range unter den Staaten von Europa herabzusetzen, und den Ungarn die neue Freyheit zu bringen.

Erzherzog Carl, im Siegen, wie im Mußglücke, sich immer gleich, immer gleich entfernt von Französischer Pralerey, und von Kleinmuth, antwortete dem Generale Buonaparte, aus seinem Hauptquartiere, am zweyten April; "er wünsche, so sehr er durch die Ehre und die Pflicht zum Kriegsführen verbunden sey, eben sowohl, als Buonaparte, zum Glücke der Völker, und der Menschheit den Frieden, aber es komme ihm auf seinem Posten nicht zu, den Streit der kriegsführenden Nationen zu entscheiden, und er sey mit keiner Vollmacht, den Frieden zu unterhandeln versehen, *) müße daher über einen Gegenstand von so großer Wichtigkeit erst höhere Befehle erwarten."

*) Es war allso die Nachricht irrig, die allenthalben verbreitet war, und die uns auch unser Correspondent in Wien versicherte, daß der Erzherzog zu Friedens-Unterhandlungen bevollmächtigt sey.

Wenige Tage darauf, am 7ten April, erhielt Buonaparte von den Generalen Bellegarde, und Meerfeld eine officielle Note, in welcher sie ihm erklärten, daß sie, zufolge seines (obigen) Schreibens an des Erzherzogs Carl Königl. Hoheit, von des Kaisers Majestät bevollmächtigt wären, mit ihm in Unterhandlung zu treten, und im Namen des Erzherzogs einen Waffenstillstand von 10 Tagen begehrten, um zu dem gewünschten Endzwecke, ohne Störungen von Feindseligkeiten, zu gelangen. -- Buonaparte antwortete darauf, mit wahrer Aufrichtigkeit des Geständnißes seiner Lage -- "daß in der gegenwärtigen militairischen Lage der Armeen, ein Waffenstillstand der Französischen Armee zuwider sey, daß er aber in das Verlangen ohne Schwierigkeit einwillige, wenn der Waffenstillstand eine Annäherung zu dem so sehr gewünschten Frieden seyn solle." Er sah sich bald überzeugt, daß sein Mißtrauen, und die Besorgniße, der Wiener Hof möchte den Waffenstillstand nur benutzen wollen, um mit der ganzen Maße der gesammelten Kräfte, und der zusammentretenden Kriegsvölker, über ihn herzufallen, ungegründet wären, und daß die Oesterreichische Politik redlich zu Werke gehe. Noch an demselbigen Tage, am 7ten April, kam ein Waffenstillstand zu Stande, welcher bis zum 13ten April dauern sollte.

Die Zeit des Waffenstillstands eilte zu Ende, ohne daß die Friedens-Bedingungen zur Uebereinkunft gelangen konnten. Die Wiener Bevollmächtigten mußten durchaus mehrere Puncte verweigern, verschiedne Französische Forderungen abschlagen. Bellegarde und Meerfeld verließen Buonaparte; jener begab sich zu dem Erzherzoge, dieser nach Wien, zum Kaiser. Es war jedoch noch eine Verlängerung des Waffenstillstandes, immer auf einen Tag weiter hin, beliebt worden, bis zum definitiven Erfolge, oder Abbruch der Friedens-Unterhandlungen. Bey der festen Erklärung Kaiserlicher Seits, daß man keine Vermittlung einer dritten Macht in den Friedens-Unterhandlungen annehmen wolle, womit Buonaparte auch so vollkommen übereinstimmte, daß er, wie man vernimmt, das Anerbieten des Preußischen Gesandten zu Wien, Marquis Lucchesini, den Friedens-Verhandlungen beyzuwohnen, gänzlich ablehnte, wurden alle die Weitläuftigkeiten vermieden, welche dem Frieden, nach dem Oesterreichischen Puncten, viele Hinderniße, würden entgegen gesetzt haben. Doch wünschte Buonaparte, daß der Neapolitanische Ambaßadeur zu Wien, Marquis de Gallo, der Minister des Vaters der Kaiserin, an den Verhandlungen Antheil nehmen möchte, -- von welchem Wunsche der Grund leicht zu errathen, da auch über Italiensche Provinzen unterhandelt wurde, die das Intereße des Neapolitanischen Hofes angiengen. Dieser Wunsch wurde vom Wiener Hofe erfüllt: der Marquis de Gallo reisete am 12ten April von Wien zu dem Generale Buonaparte ab. Zugleich gieng der Graf von Meerfeld mit neuen Instructionen des Wiener Hofes, in das Französische Hauptquartier, welchem nachher noch der Kaiserliche General-Adjudant, Herr von Vincent, mit einigen fernern Bestimmungen, nachgeschickt wurde.

Um die möglichste Verschwiegenheit und geheime Stille bey dem unterhandelten Friedens-Werke zu sichern, begaben sich die Friedens-Negociateurs aus dem Hauptquartiere, nach dem, eine halbe Stunde von Leoben (in Ober-Steyermark) gelegnen, ehemaligen (im Jahre 1782 aufgehobnen) Benedictiner Nonnen-Kloster zu Göß. Hier arbeiteten die Friedensstifter, wie in einem Conclave, eingeschloßen, mit solcher Stille, und Verschwiegenheit, daß nichts das mindeste zu erfahren war, bis am 17ten des Abends, daselbst, die Präliminarien des Friedens glücklich zu Stande kamen, worauf sogleich Eilboten an die Armeen abgiengen, um dem Blutvergießen Einhalt zu thun. Die Unterzeichnung aber der Präliminarien geschahe nicht zu Göß, sondern zu Leoben in einem Saale des Gartenhauses des Herrn von Eggenwald, und zwar erst in der folgenden Nacht, um 2 Uhr; so daß der Friedens-Präliminär-Schluß nicht vom 17ten, sondern vom 18ten April datirt wurde. Es ist sehr zu vermuthen, daß dieser Umstand des Datums der Unterzeichnung einen politischen Grund hatte; den vielleicht die Zeit entdecken wird. Der Geschichtskenner wird sich erinnern, daß der Aachner Friede 1748, am 18ten October, an welchem auch mehrere Mächte Theil nahmen, auf ähnliche Art in der Nacht um ein Uhr unterzeichnet wurde, und welche Politik von Englands Seite dabey zum Grunde lag; wir werden zu andrer Zeit mehr davon sagen, da wahrscheinlich jener Friede mit dem zu Leoben in umgekehrten Verhältniße steht.

Wir wollen unterdeßen hier bemerken, daß eben am 17ten April die Französische Besatzung zu Verona von 30,000 Venetianern angegriffen, in den Castellen belagert, und Verona, der Schlüßel zum Rückzuge für Buonaparte, in der Gewalt der Venetianer war. Wenn Buonaparte dieß vorher gesehen, oder vorher erfahren hat, so ist es Vorsicht und Klugheit von ihm gewesen, den Friedens-Schluß zu beschleunigen.

Auch war Buonaparte der erste, der die lebhafteste Freude über den Friedens-Schluß bezeigte. So bald am 17ten April des Abends die Friedens-Artikel zur Richtigkeit gebracht waren, fertigte er an die Rhein-Armeen und nach Paris Couriere ab, umarmte in deren Gegenwart die Oesterreichischen Bevollmächtigten, und rief zuerst: Es lebe der Kaiser, wir haben den Frieden! Nach der wirklichen Unterzeichnung am 18ten ladete er viele Generale und Officiere zu einem Gastmale ein, und erschien in der Mitte des Marquis del Gallo, und des Grafen von Meerfeld, mit dem freudigen Rufe im Saale: Es lebe der Kaiser, es lebe die Republik! die Basis des Friedens ist unterzeichnet! Diese Ankündigung erweckte eine um so mehr überraschende Freude, da bis auf jenen Augenblick, Niemand das mindeste von der wirklichen Abschließung des Friedens mußte.

Der genaue Inhalt des Präliminär-Friedens-Tractats wurde nicht sogleich bekannt, und noch bis heute, beym Schluße dieses Artikels, sind nur einzelne Data mit einiger Zuverläßigkeit anzuführen. Das Directorium zu Paris gab am 30sten April dem Rathe der 500 nur eine vorläufige Notiz, daß der Friede mit dem Hause Oesterreich geschloßen sey, und führte vorerst nur folgende drey Puncte an: 1) Die Abtretung Belgiens an die Französische Republik; 2) die Anerkennung der Grenzen Frankreichs, so wie sie durch die Gesetze der Republik bestimmt worden; 3) Die Errichtung und Unabhängigkeit Einer Republik in der Lombardie. Das unbestimmte, und mangelhafte dieser kurzen Angaben bewieß die Existenz vieler Modificationen, und mancher Artikel die man noch nicht für gut hielt, dem Publico bekannt zu machen. Anstatt die vielen in den Zeitungen enthaltnen Gerüchte anzuführen, bemerken wir nur hier, daß, nach den besten Berichten, die Maas die Grenze Frankreichs seyn wird, und werden, und hoffentlich noch in diesem Monate, in einem fernern Artikel den authentischen Inhalt des Präliminär-Friedens-Tractats mittheilen.

So gewiß es ist, daß Großbrittannien an diesem Tractats keinen Antheil hatte, so wahrscheinlich ist es auch, daß das Englische Verhältniß nicht ganz unerwähnt geblieben ist. Da am 4ten Mai der neue Englische Friedens-Negociateur, der Unter-Staatssecretair, Hammond, in Wien, mit neuen Friedens-Vorschlägen des Brittischen Cabinets, eingetroffen ist, und der Neapolitanische Gesandte, Marquis de Gallo, und der Graf von Meerfeld, noch zu Grätz, mit dem Generale Buonaparte einige Conferenzen gehabt haben, so hat man daher sowohl, als aus andern Aeußerungen, und zu hoffen, daß auch der Friede mit England die allgemeine R~he des so lange her mit dem drückendsten Unglücke belasteten, und beunruhigten Europa, wieder hergestellt werde werden.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1797.
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