Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Neopolem.

Schlacht bey Preußisch-Eilau.[]

[1]
Der siebente Februar 1807.

Anfang der Schlacht bey Preußisch-Eilau.

SectieSchlachtfeldEylau

Schlachtfeld bei Eylau von Antoine-Jean Gros.

Nach verschiedenen kleinern Gefechten zwischen den Russen und Franzosen nahte sich endlich das blutige Trauerspiel von Preußisch-Eilau. Hier stellte sich am heutigen Tag die jetzt zur Avantgarde gewordene russische Arrier-Garde auf und zwar hinter der Stadt Eilau, die auf einer Anhöhe liegt, die den Ausgang in zwey Ebenen vertheidigt. Sie bestand aus den Brigaden der Generale Markow, Bagawust und Barclay de Tolly; den Oberbefehl hatte der Fürst Bagration. Dieser erhielt den Befehl, Preußisch-Eilau mit der größten Hartnäckigkeit zu vertheidigen, damit indessen die schwere Artillerie herbeygezogen werden könnte. Einige Regimenter von der achten Division wurden zur Verstärkung der Avantgarde nach Eilau gelegt, wo sie theils die Kirche, theils den Kirchhof besetzten.

Nachmittags um 3 Uhr gab der Marschall Soult dem 46ten und 18ten Linienregiment Befehl, die Anhöhe vor Eilau zu nehmen. Drey russische Regimenter, die sie vertheidigten, geriethen bey dem ersten heftigen Angriff der Franzosen in Unordnung, aber im nämlichen Augenblicke stürzte sich die russische Kavallerie auf den linken Flügel des 18ten Regiments und brachte Verwirrung in eins seiner Bataillone. Wäre die Dragoner-Division Klein dem schwankenden Regiment nicht zu Hilfe gekommen, so wäre dieser Stoß den Franzosen gefährlich geworden, so aber wurde die russische Kavallerie geworfen. Das Gemetzel dauerte fort und die Russen fiengen an, sich durch Preußisch-Eilau zurück zu ziehen. Die Franzosen verfolgten die Fliehenden, und obgleich die Strassen der Stadt mit Leichnamen von beyden Theilen bedeckt waren, so wurde doch in einem fort gemordet, bis auch die auf dem Kirchhof und in der Kirche postirten russischen Regimenter vertrieben waren. Um 10 Uhr Abends sahen sich die Franzosen im Besitz von Eilau.

Der achte Februar 1807.

Ende der Schlacht von Preußisch-Eilau.

Die zurückgetriebenen Russen hatten sich während der Nacht an die Armee jenseits Eilau angeschlossen und am Morgen des 8ten waren achtzigtausend Mann auf einem Flächenraum versammelt, den 30,000 hätten besetzen können. Mit Tagesanbruch erneuerte sich die Schlacht durch eine fürchterliche Kanonade, welche die Russen auf die Stadt machten, und die Franzosen eben so heftig erwiederten. Napoleon war auf dem Kirchhof und lenkte von hier aus die Schlacht. Schon schienen sich die russischen Scharfschützen der Stadt bemächtigen zu wollen, aber ihr Angriff wurde zurückgeschlagen. Auf einmal machte die russische Armee eine Bewegung, als wollte sie durch einen Angriff auf den linken Flügel der Franzosen die Stadt von der Stellung der Windmühle aus nehmen, und in diesem kritischen Augenblick mußten 40,000 Franzosen den ganzen Stoß der russischen Armee aushalten. Zwar halfen sich die Franzosen aus dieser Verlegenheit, aber ihre Manövers wollten nur halb gelingen, indem ein so gewaltiger Schnee fiel, daß man nicht vier Schritte vor sich sehen konnte. Erst als sich das Wetter wieder etwas aufhellte, wurde die russische Infanterie durch den damaligen Großherzog von Berg (Mürat) und den Marschall Bessieres geworfen, eine andere Colonne von 6000 Mann, die auch der Schnee irre geführt hatte, durch einen Angrif mit dem Bajonet beinahe ganz niedergemacht und endlich Nachmittags um 3 Uhr, als der Marschall Davoust den russischen Divisionen Sacken und Ostermann in den Rücken fiel, wurde das allgemeine Morden so heftig, daß nur die gänzliche Ermattung beider Heere in der Nacht demselben ein Ziel setzte. Beide Heere blieben die Nacht durch auf dem Schlachtfeld, erst am folgenden Morgen gieng Benningsen nach Königsberg zurück, ohne die errungenen Vortheile zu benützen, wohin ihm die Franzosen, die sehr geschwächt worden waren, nicht zu folgen wagten. *) Die Russen gaben ihren Verlust selber auf 12000 Todte und 7900 Verwundete an, die Franzosen den ihrigen -- wie gewöhnlich -- um vieles geringer, der aber, wie aus mehreren Umständen erhellte, z. B. daß bald nach dieser Schlacht die Konscribirten vom Jahr 1808. aufgerufen wurden, vielleicht eben so stark gewesen seyn mag. Der General d'Haupoult und der Capitain Auzoui von der kaiserlichen Garde, starben an den in dieser Schlacht erhaltenen Wunden und ihr Verlust ward von den Franzosen äusserst bedauert. Der letztere starb mit dem Worten: "Laßt mich, meine Freunde; ich sterbe zufrieden, weil wir den Sieg errungen haben und weil ich unter eroberten Kanonen auf dem Bette der Ehre sterbe. Dem Kaiser sagt, daß ich nur eins bedaure, nämlich dies, daß ich nach wenig Augenblicken nichts mehr zu seinen Diensten und zum Ruhm unsers schönen Frankreichs werden thun können. Diesem Frankreich meinen letzten Seufzer!"

*) Posselt's Staatengeschichte von Europa, 4ter Jahrgang.


Schlacht bei Preußisch-Eylau.[]

[2]
Eylau. (Schlacht bei Preußisch-). In dem Kriege, welchen Preußen mit Rußland vereint in den Jahren 1806 und 1807 gegen Frankreichs große Macht führte, war die schrecklichste und wegen ihrer Zweideutigkeit merkwürdige Schlacht die, welche am 8ten Februar 1807 bei der kleinen Stadt Preußische-Eylau geliefert wurde. Der russische General Bennigsen mit 70,000 Mann Russen und einem preußischen Hülfscorps unter dem General L'Estocq kämpfte hier mit einer beispiellosen Tapferkeit und rühmlichen Umsicht gegen den französischen Kaiser Napoleon, der mit 90,000 Mann sich ihm gegenüber befand. Um wo möglich das Königreich Preußen von den Franzosen zu befreien und diese gegen die Weichsel hinzuwerfen, hatte General Bennigsen, der im Obercommando dem russischen Obergeneral Kamensky gefolgt war, beschlossen, die Linie der französischen Winterquartiere längs der Ostsee in der Flanke anzugreifen. Allein die Gefechte von Bergfried, Waterdorf, Deppen und Hof hatten bloß die Folge, daß die russische Armee, die, nach einem frühern Treffen bei Mohrungen, über Liebstadt ihren Rückzug begonnen hatte, bis Preußisch-Eylau zurückgedrängt wurde, um dessen Besitz man sich am 7. Februar mit vieler Hartnäckigkeit bis spät in die Nacht hinein schlug. Die Franzosen blieben endlich hier Meister, und die Russen zogen sich in drei Colonnen zurück hinter Eylau, wo sie von einer frischen Division, der vierten, aufgenommen wurden. Kaum tausend Schritte von einander standen beide feindlichen Armeen die ganze Nacht hindurch, bestimmt zum fürchterlichsten Kampfe auf den folgenden Tag. Die russische bestand aus sieben Divisionen: der 2ten, 3ten, 4ten, 5ten, 7ten, 8ten und 14ten, welche in 132 Bataillonen Infanterie, 195 Escadronen Cavallerie und 21 Batterien Artillerie, gegen 70,000 Mann ausmachten; aus der 2ten, 3ten, 5ten, 7ten und 8ten Division waren zwei Treffen gebildet, die 4te und 14te Division formirten die Reserve, die in geschlossen Colonnen von einem Bataillon Breite standen. Die Cavallerie, commandirt vom Fürsten Gallizin 5., und die Kosaken, commandirt vom Hettmann Platow, waren auf den Flügeln und im Centrum vertheilt, so wie die Artillerie, die in Batterien von 40 bis 50 Kanonen aufgestellt war. Den rechten-Flügel commandirt der General Tuschkow, das Centrum Graf Sacken, den linken Flügel Graf Ostermann Tolstoi, die Reserve General Docktorow. Der preußische General L'Estocq sollte sich neben dem rechten Flügel beim Dorfe Althof aufstellen. Die Fronte der Schlachtordnung reichte von Schloditten bis nach dem Vorwerke Anklappen; der rechter Flügel stieß an das Dorf Schloditten und war nach dem Laufe der Landstraße, die nach Königsberg führt, in einem Haken etwas zurückgebogen; die Mitte war etwa 900 Schritt von der Stadt Eylau entfernt; der linke Flügel stand hinter Anklappen; das vor ihm liegende Dorf Klein-Sausgarten war besetzt. Die französische Armee bestand aus dem 3ten Corps des Marschall Davoust, dem 4ten Corps des Marschall Soult, dem 7ten Corps des Marschall Augereau, den kaiserlichen Garden, der Cavallerie des Großherzogs von Berg, und aus einem Theile des 6ten Corps des Marschall Ney. Der rechte Flügel reichte beinahe bis an das Dorf Lampaschken hinan, die Stadt Eylau lag in der Mitte der Position, und der linke Flügel dehnte sich über die Vorstadt und den Windmühlenberg hinaus. Am folgenden Morgen, den 8. Februar 1807, früh nach 5 Uhr begann bereits die Schlacht. Gleich anfangs versuchten die Franzosen den russischen rechten Flügel zu werfen, weshalb Abends vorher schon Marschall Ney sich in Marsch gesetzt hatte, um ihn zu umgehen, so wie Davoust dieselbe Absicht auf den linken Flügel hatte. Doch beide Mänoeuvres und Angriffe, so wie alle Angriffe auf das Centrum waren fruchtlos. 800 Kanonen wetteiferten gegenseitig im Verwüsten. Endlich musste sich doch der linke russische Flügel etwas zurückziehen, und schon schien die Schlacht entschieden, als General L'Estocq mit 5600 Preußen, dem tapfern Rest der preußischen Armee, auf dem russischen Flügel erschien, die Franzosen in ihrer rechten Flanke angriff, und sie aus dem brennenden Dorfe Kuschitten trieb. Die aufs neue ermuthigten Russen gingen noch einmal auf den betroffenen Feind los, und um 9 Uhr Abends war der französische Angriff gänzlich abgeschlagen, doch eigentlich auf keiner Seite eine Schlacht gewonnen. Der Verlust war für beide Theile sehr groß gewesen. Die Russen hatten neun verwundete Generale, Docktorow, Barclay de Tolly, Graf Liewen 3., Sukin 2., Korff, Mitzky, Arseniew, Gersdorf, Titow 2; über 400 todte und verwundete Offiziere, und mit Einschluss der vorherigen fünftägigen Gefechte 10,000 Todte und 25,000 Verwundete. Die Franzosen hatten, nach eigener Angabe, an Todten drei Generale, d' Haupoult, Dahlemann und Corbineau, 1900 Soldaten; an Blessirten einen Marschall, Augereau, und vier Generale, St. Sulpice, Desjardins, Heudelet und Lochet, dabei hatten sie nach russischer Angabe dreizehn Adler und sechs Fahnen verloren; Kanonen wären von beiden Seiten nicht erobert worden; nach des Generals Bennigsen Bericht betrug der russische Verlust 6000 Todte und Blessirte, der französische über 12,000 Todte und Blessirte und 1000 Gefangene; dagegen die Russen nach dem französischen Berichte 7000 Todte, 16,000 Verwundete, 15,000 Gefangene und 24 Kanonen verloren haben sollten. Noch nie war vorher mit solcher Wuth gefochten worden. Während der dichteste Schnee fiel und alles oft in Nebel hüllte, waren die Armeen auf den meisten Punkten in engsten Handgemenge; Verwundete kämpften noch, bei den Haaren sich festhaltend, auf dem Boden: wem die Waffen fehlten, der suchte mit den Nägeln den Feind zu zerfleischen, mit Tritten auf Leib und Brust ihn zu tödten. Diese Schlachten, und die schrecklichen Auftritte in Treffen von Ebersberg an der Donau im Jahre 1809 sind würdig, neben einander gestellt zu werden. Um Mitternacht endigte sich das Morden und Bennigsen zog sich vom Schlachtfelde zurück, indem er eine Linie von Königsberg aus, über Heilsberg, Seeburg, Wartenburg, Passenheim und Ortelsburg besetzte und sein Hauptquartier in Bartenstein nahm. Dagegen waren auch die Franzosen drei Tage nach der Schlacht, am 11. und 12. Februar, genöthigt, die Position von Eylau, die sie in und nach der Schlacht behauptet hatten, zu verlassen und hinter die Passarge sich zurückzuziehen; die Einnahme von Königsberg musste vor der Hand aufgegeben werden, da Witterung, Mangel an Lebensmitteln und die enorme Erschöpfung es nicht gestatten wollten. Doch sahen sie sich auf diesem Rückzuge unaufhörlich von den Kosaken verfolgt und bis an die Passarge in Gefechte mit diesen verwickelt, die ihnen allerdings Schaden thaten. General Bennigsen gibt an, dass seine Truppen der französischen Arriergarde vom 12. bis 26. Februar zwei Kanonen, eine Fahne, 21 Offiziere mit 1583 Gemeinen, und 4200 gefangene Russen wieder abgenommen hätten. Eylau selbst, dessen Häuser beinahe alle zerschossen waren, ward bei diesen Vorfällen mehrmals ausgeplündert und lag endlich fast ganz verödet. Die Einwohner starben zwischen noch unbegrabenen Leichnamen vor Hunger.


Ueber die Schlacht bey Preussisch-Eylau.[]

[3]

"Damit du bereitwillig seyst, den Staat zu vertheidigen, so wisse, daß für alle, die ihr Vaterland erhalten, ihm beygestanden, es glücklicher gemacht haben, im Himmel ein gewisser Ort bestimmt, wo sie ewige Glückseligkeit genießen."

Cicero.

In den Jahrbüchern des 19ten Jahrhunderts wird wahrscheinlich die Schlacht bey Preussisch-Eylau am 26sten und 27sten Januar d. J. Epoche machen, wo die reit stärkere französische Armee, unter Anführung Napoleon, von den tapfern Russen total geschlagen und zum Rückzuge genöthiget wurde. Dem Genie und dem Heldengeiste des tapfern Generals Bennigsen (gegenwärtig der Einzige, dem es glückte, dem überlegenen militärischen Talente Bonapartes zu begegnen) war es vorbehalten, den Ruhm und die Taperkeit der großen russischen Nation gegen einen prahlerischen und anmaßenden Feind zu behaupten. Schon in der Schlacht bey Pultusk that Bennigsen 1m 14ten Dezember 1806 mit einem weit schwächern Korps Russen, ohne irgend einen andern Soutien, gegen die weit überlegenere Macht der Franzosen Wunder der Tapferkeit. Aber nichts gleichet der Bravour und dem Heldenmuthe, womit die Russen in den zwey blutigen Tagen der mörderischen Schlacht bey Eylau unter Bennigsen's Anführung kämpften. Dreymal wurde Eylau selbst mit gefälltem Bajonet von den Russen erstürmt und eben so oft wieder verlassen. Ein Korps d'Elites (der Auserwählten) nützte eine Lücke, und suchte den Russen in den Rücken zu fallen; aber das ganze Korps, aus 4000 Mann Kavall. bestehend, wurde zusammen gehauen. Napoleon selbst, der auf dem Kirchhofe in Eylau Posto gefaßt hatte, wurde ein Pferd unter dem Leibe erschossen, und bekam eine matte Kugel in den Schenkel; mehrere Generale sind geblieben, noch mehrere sind verwundet worden. In Zeit von 24 Stunden lagen 13,000 Franzosen und über 800 Pferde auf dem Schlachtfelde. Gefangene wurden nur wenige gemacht, denn die Russen waren zu erbittert und gaben keinen Pardon.

Nach dem Verlust dieser wichtigen Schlacht sah sich Bonaparte gezwungen, sich gegen die Weichsel hin zurück zu ziehen. Allein unsere braven Kosaken verfolgen die Franzosen auf ihrem Marsch unaufhörlich und lassen ihnen wenig Ruhe; sie überfallen öfters einzelne Detaschements derselben auf den Dörfern, die sie größtentheils gefangen nehmen, oder auch bey hartnäckiger Gegenwehr niederhauen. -- So hat Bennigsen das Vorhaben Napoleon's vereitelt, der vor der Bataille seiner Armee die Plünderung Königsberg's versprach, um dadurch ihren Muth zu begeistern; so verdanken die so lange zwischen Furcht und Hoffnung schwebenden Einwohner dieser Hauptstadt Preussens, ihre Rettung einzig dem grossen militärischen Talent und dem Muth und der Entschlossenheit des Helden von Pultusk und Eylau. Sein Name ist mit Begeisterung auf aller Zungen, und unser so huldreicher als gerechter Monarch hat bereits seine Tapferkeit mit dem Orden des heiligen Georgs zweyter Klasse belohnt.

Gott segne den Kayser!


Vorläufige Nachricht.[]

[4]

[1807]

Die Berliner-Zeitung giebt in Folge der Offiziellen Berichte, die der Generalgouverneur Clarke, aus Preussisch-Eylau vom 9. Februar erhielt, folgende vorläufige Nachricht über die daselbst vorgefallenen hartnäckigen und mörderischen Treffen:

"Der Vortrab der Russischen Armee, bey Mohringen geschlagen, zog sich über Liebstadt zurück. Mehrere Divisionen und das Korps des Gen. Essen, das aus der Moldau angekommen war, verstärkten ihn. Da der Feind den Plan zu haben schien, anzugreifen, so befahl der Kaiser dem Prinzen von Ponte-Corvo, seine Unternehmungen zu begünstigen, und ihn durch einen verstellten Rückzug an die Weichsel herabzuziehen. Den 1. Febr. marschirte man gegen den Feind, und traf ihn bey Passenheim. Den 3. frühe ward die feindliche Armee auf ihrem eilfertigen Rückzuge auf dem linken Flügel umgangen, und an die Weichsel gedrängt. Der Kaiser begab sich nach Getkendorf, und stellte daselbst die Korps der Marschälle Ney, Augereau und Soult in Schlachtordnung, und die kaiserl. Garde als Reserve auf. Um dem linken Flügel des Feindes den Rückzug abzuschneiden, erhielt Marschall Soult den Befehl zur Wegnahme der Brücke von Bergfried, die der Feind mit 12 seiner besten Bataillons vertheidigte. Diese Bataillons wurden von 2 Französischen Regimentern in Unordnung und zum Weichen gebracht, verloren 4 Kanonen und 1600 Gefangene, und mußten alle ihre schönen Stellungen verlassen. Die feindliche Reiterey ward am 4. vom General Lasalle geworfen, der sie 6 Stunden weit mit klingendem Spiele verfolgte, und in Deppen Nachtlager hielt. Eine feindliche Kolonne, die nicht über die Alle setzte, fand sich von unserm linken Flügel umgangen, und durchschnitten. Marschall Ney, der sie verfolgte, nahm ihr mehrere Tausend Gefangene und 16 Kanonen ab. In Folge dieser Bewegungen nahm man dem Feinde seine Depots von Liebstadt und Gutstadt, so wie einen Theil seiner Magazine an der Alle. Die Armee setzte am 6. die Verfolgung des Feindes fort. Der Großherzog von Berg erreichte mit seiner Reiterey ihn zwischen Glandau und Hoff. Die Dragoner und Kürassiers griffen den Nachtrab des Feindes an, der aus 12 Bataillons bestand, hieben 2 Russische Infanterie-Regimenter in Stücke, und nahmen ihre Obersten, Kanonen und Fahnen. Marschall Augereau hatte im Dorfe Hoff Stand gefaßt; 6 feindliche Bataillone versuchten es, den Ort wieder zu nehmen. Da ließ der Großherzog von Berg die Kürassiere zum zweyten Mahle angreifen. Sie fielen jenen Bataillonen in die Seiten, und brachten sie in Unordnung. Den folgenden Tag setzte die Armee ihren Marsch nach Eylau fort, und beym Rekognosziren fand man den Feind in Stellung hinter dieser Stadt. Drey Russische Regimenter, auf der Anhöhe aufgestellt, die den Eingang zur Ebene hinter der kleinen Stadt Eylau vertheidigten, wurden vom 46. und 18. Linien-Regiment geworfen. Der Feind hatte in einer Kirche und der Kirchhof mehrere Regimenter postirt, die daselbst einen hartnäckigen Widerstand leisteten. Nach einem mörderischen Gefechte wurde die feindliche Stellung genommen. Der folgende Tag begann mit lebhafter Kanonade von beyden Seiten; die Russische Armee, in Kolonne auf halbe Schußweite aufgestellt, litt beträchtlich. In dem Augenblicke, wo Marschall Augereau manövrirte, um sich mit dem Korps des Marschalls Davoust zu vereinigen, hüllte ein häufig fallender Schnee beyde Armeen in eine solche Dunkelheit, daß man selbst die Richtungspunkte aus den Augen verlor. Das dauerte eine halbe Stunde. Als die Dunkelheit sich aufklärte, fielen der Großherzog von Berg und der Marschall Bessieres durch ein kühnes Manövre in die feindliche Kavallerie, und richteten ein fürchterliches Gemetzel an. Zwey Linien Russischer Infanterie wurden gebrochen, und die dritte widerstand nur, indem sie sich an ein Gehölz anlehnte. Eskadronen von der kaiserl. Garde durchsprengten zwey Mahl die ganze feindliche Armee. Mehr als 20,000 Mann Infanterie wurden geworfen, und genöthigt, ihre Kanonen zu verlassen, und ohne das Gehölz und einige Schwierigkeiten des Erdreichs wäre der Sieg auf der Stelle entschieden worden. Auch der Schnee, der mehrere Mahle während der Schlacht den Tag verdunkelte, verzögerte den Marsch und das Zusammentreffen unserer Kolonnen. Marschall Ney brach über Altdorf vor, und faßte Stand in Schmoditen. Der Feind in der Klemme zwischen den Korps der Marschälle Ney und Davoust, versuchte des Abends vergeblich, den Ort wieder zu nehmen. Er wurde mit Verlust zurückgetrieben. Der Feind wurde den folgenden Tag bis an den Fluß Frisching verfolgt. Er zog sich über den Pregel zurück. Auf dem Schlachtfelde ließ er 16 Kanonen und seine Verwundeten. Alle Häuser der Orte, durch die er zog, sind voll davon. An diesem einzigen Tage hatte er wenigstens 7000 Todte. 12 bis 15,000 Gefangene, eine eben so grosse Zahl ausser Stand gesetzt, Dienste zu leisten, 18 Fahnen, 45 Kanonen sind für uns die Trophäen der verschiedenen Gefechte, die seit dem 1. Februar Statt hatten. Da der Feind geschlagen, und auf 100 Stunden von der Weichsel zurückgetrieben ist, so nimmt die Französische Armee wieder Winterquartiere."


Musée Carnavalet Paris


Bulletin der großen Armee.[]

[5]
Acht und fünfzigstes Bülletin.

Preussisch-Eylau, den 9. Febr.

Gefecht bei Eylau.

Eine Viertelmeile von der kleinen Stadt Preussisch-Eylau ist ein erhöhete Ebene, die den Angriff von dem platten Lande her abhält. Der Marschall Soult befahl den 46sten leichten und dem 18ten Linien-Infanterie-Regiment, selbige wegzunehmen. Die drei feindlichen Regimenter, die sie vertheidigten, wurden geworfen. Allein zu gleicher Zeit griff eine russische Cavalerie-Colonne die äusserste Spitze vom linken Flügel des 18ten Regiments an, und brachte ein Bataillon desselben in Unordnung. Noch zu rechter Zeit bemerkten dies die Dragoner von der Division Klein, schlugen die feindliche Cavalerie zurück, und stellten so die Ordnung wieder her. Indem die Truppen den Feind verfolgten, kam es in der Stadt Eylau selbst zum Gefecht. Der Feind hatte mehrere Regimenter in einer Kirche und einem Kirchhofe aufgestellt. Hier leistete er einen hartnäckigen Widerstand, und nach einem, für beide Theile mörderischen Gefechte, wurde Abends gegen 10 Uhr die Stellung eingenommen. Die Division Legrand lagerte sich gerade vor die Stadt, die Division St. Hilaire zur Rechten, das Corps des Marschalls Augereau hingegen zur Linken. Schon am Vorabend hatte sich das Corps des Marschalls Davoust in Marsch gesetzt, um Eylau zu umgehen, und auf die linke Flanke des Feindes zu fallen, wenn er seine Stellung behaupten wollte. Der Marschall Ney war im Marsch, um die rechte Flanke zu umgehen.


Schlacht bei Eylau.

In dieser Stellung wurde die Nacht zugebracht. Mit Anbruch des Tages fieng der Feind den Angriff mit einer lebhaften Kanonade auf die Stadt Eylau und die Division St. Hilaire an. Der Kaiser nahm seine Stellung an der Kirche, die der Feind am Abend vorher so sehr vertheidigt hatte. Er liess das Corps des Marschalls Augereau vorrücken, und die kleine Anhöhe mit 40 Kanonen seiner Garde beschiessen. Nun erhob sich von beiden Seiten eine fürchterliche Kanonade. Die russische, in Colonnen formirte, Armee stand auf halbe Kanonenschussweite. Jeder Schuss traf. Einmal glaubte man aus den Bewegungen des Feindes schliessen zu können, dass er, aus Ungeduld über seinen Verlust, unsere linke Flanke anfallen möchte. In demselben Augenblick liessen sich die Tirailleurs des Marschalls Davoust hören, und kamen dem feindlichen Heere in den Rücken. Zu gleicher Zeit marschirten das Corps des Marschalls Augereau in Colonnen auf, um sich gegen den Mittelpunct des Feindes zu werfen, auf diese Weise seine Aufmerksamkeit zu theilen, und ihn von einem Angriffe mit seiner ganzen Stärke auf das Corps des Marschalls abzuhalten. Dabei stellte sich die Division St. Hilaire am rechten Flügel auf; beide in der Absicht, sich mit dem Marschall Davoust zu vereinigen. Kaum war das Corps der Marschalls Augereau und die Division St. Hilaire auf diese Art vorgerückt, als ein dicker Schnee beide Armee dergestallt bedeckte, dass man nicht auf zwei Schritte vor sich hin sehen konnte. In dieser Finsterniss verlor man den Richtungspunct, und die Colonnen, die sich zu viel links hielten, schwankten ungewiss. Diese niederschlagende Erscheinung dauerte eine halbe Stunde; kaum aber hatte sich das Wetter wieder aufgehellt, als der Grossherzog von Berg an der Spitze seiner Cavalerie, und unterstützt von der Garde unter Anführung des Marschalls Bessières, die Division St. Hilaire umgieng, und auf die feindliche Armee fiel: Eine so kühne Bewegung, als vielleicht je eine war! Allein sie bedeckte die Cavalerie mit Ruhm, und sie war bei der Lage, in der sich unsere Colonnen befanden, durchaus nothwendig. Die feindliche Cavalerie, die sich dem Angriffe widersetzen wollte, wurde geworfen, und das Gemetzel war schrecklich. Zwei Linien russischer Infanterie wurde durchbrochen, die dritte konnte nur durch den Schutz eines Gehölzes widerstehen, an das sie sich anlehnte. Einige Escadronen der Garde durchsprengten zweimal die ganze feindliche Armee.

Dieser glänzende und beispiellose Angriff, der mehr als 20,000 Mann Infanterie zum Weichen brachte, und sie ihre Kanonen kostete, würde schon allein, und auf der Stelle den Sieg entschieden haben, wenn nicht einige Schwierigkeiten des Kampfplatzes und das Gehöltz im Wege gestanden wären. Der Division-General d'Hautpoult wurde durch einen Büchsenschuss verwundet. Der General Dahlmann, Commandant der Jägergarde, und eine gute Anzahl seiner unerschrockenen Soldaten, starben mit Ruhm. Aber die hundert Reiter und Soldaten der Garde, die auf dem Kampfplatze blieben, lagen von mehr als tausend entseelten Feinden umgeben. Dieser Theil des blutigen Schauplatzes erregt Entsetzen.

Während dieses sich zutrug, marschirte das Corps des Marschalls Davoust in den Rücken des Feindes. Aber auch hier hielt der Schnee,der mehrmals den Weg verhinderte, den Marsch auf, und hinderte die Gleichheit in der Bewegung der Colonnen.

Der Verlust, den der Feind gelitten hat, ist unermesslich, der unsere bedeutend. Während ganzer zwölf Stunden schleuderten dreihundert Feuerschlünde den Tod auf beide Theile.

Der lange ungewisse Sieg war entschieden, als Marschall Davoust auf der hohen Ebene sich entwickelte, und den Feind überflügelte, der, nach vielen fruchtlosen Anstrengungen, sich jener Höhe wieder zu bemächtigen, endlich sich zum Rückzug entschloss. In dem nämlichen Augenblicke debouschirte das Corps des Marschalls Ney durch Alsdorf auf dem linken Flügel, und trieb die Ueberbleibsel der preussischen Colonne vor sich her, die aus dem Gefecht von Deppen entkommen war. Am Abend stellte er sich bei dem Dorfe Schmoditten auf, dadurch wurde der Feind zwischen den Corps der Marschälle Ney und Davoust dergestalt gedrängt, dass er, aus Furcht, seinen Nachtrab in Gefahr zu setzen, um 8 Uhr Abends beschloss, das Dorf Schmoditten wieder wegzunehmen. Mehrere russische Grenadierbataillone, die einzigen, welche zuvor nicht gefochten hatten, zeigten sich demzufolge vor dem Dorfe, aber das 6te leichte Infanterieregiment liess sie ganz nahe anrücken, und zerstreute sie dann gänzlich. Am folgenden Morgen wurde der Feind bis an den Fluss Frischling verfolgt; er nimmt seine Rückzug hinter die Pregel. Auf dem Schlachtfelde hat er 16 Kanonen und seine Verwundeten gelassen. Alle Häuser in denjenigen Dörfern, durch die er während der Nacht zog, sind voll davon.

Marschall Augereau wurde durch eine Flintenkugel verwundet. Auch die Generale Desjardin, Heudelet und Roizet sind verwundet. Den General Corbineau rafte eine Kanonenkugel weg. Denselben Tod starben die Obersten Lacuée vom 63sten, und Lemarois vom 43sten Regiment. Der Oberst Bouvieres vom 11ten Dragoner-Regiment, hat seine Wunden nicht überlebt. Alle sind mit Ruhm gestorben. Unser Verlust beträgt genau 1,900 Todte, und 5,700 Verwundete, darunter 1,000 so schwer sind, dass sie nicht mehr dienstfähig seyn werden. Am 10ten wurden alle Todte begraben. Auf dem Schlachtfelde zählte man 7,000 Russen.

So war also die offensive Bewegung des Feindes, wodurch er bis Thorn vordringen, und zu dem Ende den linken Flügel der grossen Armee umgehen wollte, verderblich für ihn. 12 bis 15,000 Gefangene, eben so viele ausser Würksamkeit gesetzte Soldaten, 18 Fahnen, 45 Kanonen, sind die, durch das Blut so vieler Tapfern ohne Zweifel zu theuer erkauften, Siegeszeichen. Kleine Hindernisse der Witterung, die unter andern Umständen von keiner Bedeutung gewesen wären, störten ungemein die Berechnungen des französischen Generals. Unsre Cavalerie und Artillerie haben Wunder gethan. Die Garde zu Pferde hat sich selbst übertroffen; dies ist viel gesagt. Die Garde zu Fuss stand den ganzen Tag über unter einem grässlichen Kartätschenfeuer des Gewehr im Arm, ohne einen Schuss zu thun, oder irgend eine Bewegung zu machen. Die Umstände erlaubten nicht, sie zum wirklichen Angriff zu brauchen. Auch die Verwendung des Marschalls Augereau gehört unter die ungünstigsten Zufälle, indem während des stärksten Kampfes das Corps ohne einen tüchtigen Anführer blieb. Diese Erzählung giebt eine allgemeine Uebersicht von der Schlacht. Es sind Thatsachen vorgefallen, die den französischen Soldaten ehren. Der Generalstaab beschäftigt sich damit, sie zu sammeln. Der Aufwand an Artilleriemunition war stark, die Infanterie hat viel weniger gebraucht.

Der Adler eines Bataillons von dem 18ten Regiment hat sich nicht wieder gefunden, wahrscheinlich fiel er dem Feinde in die Hände. man kann dem Regimente keinen Vorwurf darüber machen. In der Lage, worin er sich befand, gehört dieser Umstand unter die Kriegszufälle. Der Kaiser wird dem Regiment indess erst einen andern Adler geben, wenn es eine feindliche Fahne erobert haben wird.

Nachdem nun diese Expedition geendigt ist, worin der Feind geschlagen, und über hundert Stunden von der Weichsel zurückgeworfen wurde, wird die Armee wieder ihre Cantonirungen beziehen und Winterquartiere nehmen.


Nachrichten von unsrer Armee.[]

[6]
So eben (den 31sten Januar früh um 10 Uhr) eilt der Major Stawizky, Flügeladjutant Sr. Kaiserl. Majestät, durch Riga kommend, mit einer großen Menge eroberten französischen Fahnen und der erfreulichen Nachrichten, daß unsere Armee unter dem Oberbefehl des General Benningsen einen großen Sieg über die französische Armee erfochten habe, nach St. Petersburg. Nach Aussage des Hrn. Majors Stawizky griffen die Franzosen unter Anführung Bonaparte's am 26sten Januar mit einer überlegenen Macht die Unsrigen bey Preussisch Eylau an. Die Schlacht hat bis zum 27sten in die Nacht hinein gedauert, und die tapfern Russen sollen wie die Löwen gefochten haben. Der Sieg ist auf Seite der Russen. Die nähern Details sind nun offiziell aus St. Petersburg zu erwarten. -- Noch verdient bemerkt zu werden, daß, als sich durch unsere wachthabenden Garden die Nachricht von der Ankunft eines so frohe Bothschaft bringenden Kouriers in der Stadt verbreitete, sich eine große Menge Menschen vor dem Absteigequartier des Hrn. Majors versammelte, und ihm bey seiner Abfahrt ein frohes Hurrah unter Schwenkung der Hüte brachte.

Gott schenke unserm Kaiser Sieg!


Vorläufiger Russischer Hofbericht.[]

[7]
"Von dem die Armee Seiner kaiserl. Majestät en Chef kommandirenden General Baron Bennigsen ist folgender, auf dem Schlachtfelde bei Preussisch-Eylau am 27. Jan. a. St. datirte vorläufige Bericht, über den neuen erfochtenen Sieg über die französische Armee unter der persönlichen Anführung von Bonaparte, durch den Flügel-Adjudanten Sr. kaiserl. Majestät Oberstlieutenant Stawizkji, am 2. Februar überbracht worden.

"Ich habe das Glück, Ewr. kaiserl. Majestät berichten zu können, dass die Armee, die Ew. Maj. meinem Commando anzuvertrauen geruhet haben, abermals siegreich gewesen ist. Die Schlacht, die eben geliefert ist, war blutig und mörderisch sie fieng am 26sten um 3 Uhr Nachmittags an und dauerte bis den 27sten um 6 Uhr Abends. Der Feind ist total geschlagen: 1000 Gefangene, und 12 Fahnen, die ich hiebei Ewr. Majestät zu Füssen lege, sind den Siegern in die Hände gefallen. Heute griff mich Bonaparte mir dem Kern seiner Truppen im Mittelpunkt und auf beiden Flügeln an, ward aber auf allen Punkten zurück getrieben und geschlagen. Seine Garden griffen zu verschiedenen Malen mein Centrum ohne den mindesten Erfolg an, und wurden allerwärts, nach einem sehr lebhaften Feuer, durch das Bajonnet unsrer Infanterie und das Einhauen unsrer Cavallerie zurück geworfen. Verschiedene Colonnen seiner Infanterie, und ganze Regimenter von den Cürasiers d'élite wurden aufgerieben.

Ich werde nicht ermangeln, so bald möglich Ewr. Kaiserl. Majestät eine umständliche Relation über die merkwürdige Schlacht bei Preussisch-Eylau zu Füssen zu legen.

Ich glaube, dass unser Verlust sich nicht über 6000 Mann an Todten und Verwundeten belaufen kann, und ich behaupte gewiss nicht zu viel, wenn ich versichere, dass der Verlust des Feindes 12,000 Mann weit übersteigen muss."


Ausführlicher Russischer Hofbericht des Generals von Bennigsen.[]

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Ich brach am 25. Jan. (6. Febr.) mit meiner Armee von Landsberg auf, welche, da viele Detaschements gemacht waren, nur 70,000 Mann stark war. Die Französische Armee, welche aus den 5. Corps der Marschälle Augereau, Soult, Murat, Davoust und Ney bestand, wozu gegen Abend Bernadotte kam, belief sich auf 90,000 Mann, und folgte mir auf dem Fusse, im immerwährenden Schlagen mit meiner Arriergarde nach. Diese bestand aus den Brigaden der Generale Markoff, Bagavoust und Barckley de Tolly, unter dem Befehl des Fürsten Bagration. Als ich zu Preussisch-Eylau ankam, liess ich meine Armee in einiger Entfernung hinter der Stadt eine Stellung nehmen, befahl aber der Arriergarde, den ihr angewiesenen Posten gegen den Feind zu behaupten, um den Marsch meiner schweren Artillerie zu sichern, welche ich von Wolsdorf an, theils um einige beinahe unfahrbare Wege zu vermeiden, theils um den Marsch meiner Colonnen zu erleichtern, einen beträchtlichen Umweg hatte machen lassen müssen. Zu gleicher Zeit liess ich die Stadt Preussisch-Eylau durch den General Barckley besetzen, und schickte einige Regimenter der 8. Division zur Unterstützung der Arrieregarde ab. Diese Verstärkung setzte den General Markoff in den Stand, eine feste Stellung zu nehmen, und eine Batterie zu errichten. Der Feind versäumte nicht, dem General Markoff zu folgen, und indem er seine Flanqueurs vorausschickte, richtete er den Marsch dreier starker Colonnen gegen die vom General Markoff besetzte Höhe. Dieser schickte dem Feinde seine Scharfschützen entgegen, und beschloss die feindlichen Colonnen mit Kartätschen. Da dieses den Feind noch nicht aufhielt, so gieng das Regiment Pskoff und das Regiment Sophie mit gefälltem Gewehr auf den Feind los, und zerstreute eine Colonne.

Die zweite Colonne wurde durch das St. Petersburgische Dragoner-Regiment geworfen, und beinahe gänzlich vernichtet; die dritte Colonne aber durch das Feuer unserer Artillerie unter Commando des braven Obersten Jermoloff zu Grunde gerichtet. Nun fieng der Feind an, unsere Linie mit der Artillerie zu beschiessen, und mit 4 Colonnen gegen dieselbe zu marschiren; eine fünfte Colonne aber richtete ihren Marsch gegen unsern linken Flügel, und wollte demselben in die Flanke gehen. Da die Regimenter Pskoff und Sophie zu schwach waren, diesen Anmarsch zu verhindern, so erhielten sie Ordre sich zurückzuziehen, wogegen das Moskowsche Grenadierregiment und das 21. Jägerregiment, unterstützt durch das Leibcürassierregiment, das Kargopolsche und Ingermanländsche Dragoner-Regiment und Elisabethgrodschen Husaren, zum Angriff kamen. Die 4 Cavalerie-Regimenter hieben in die feindliche Cavalerie ein, welche um unsern rechten Flügel herumgehen wollte, und tödteten viele Feinde. Die Batterien der 8. Division hielten den Feind auf unserm linken Flügel in Respect, und das Isumsche Husarenregiment hieb hier gleichfalls mit grossem Erfolge in den Feind ein. Obgleich der Feind auf allen Punkten zurückgedrängt war, so verstärkte er sich doch von allen Seiten, und drohte unsere am weitesten vorgedrungenen Truppen abzuschneiden. Ich befahl daher diesen sich zurückzuziehen, wesshalb sich selbe, so wie die 8. Division sogleich, und späterhin die ganze Arrieregarde durch Preussisch-Eylau zurückzogen, und an das Hauptcorps anschlossen, welches in folgender Art aufmarschirt stand: Die 5., 7., 8., 3. und 2. Division formirten 2 Treffen, von denen das zweite eine einzige Colonne bildete, die 4. und 14. Division machten die Reserve aus. Den rechten Flügel commandirte der General-Lieutenant Toutschkow [xx], das Centrum der Gen. Lieut. Baron v. Sacken [xx], den linken Flügel der Gen. Lieut. Graf v. Ostermann [xx], und die ganze Avantgarde der Fürst Bagration. Die sämmtliche Cavalerie unter Befehl des Gen. Lieut. Fürsten Gallitzin deckte die beiden Flügel, ein Theil derselben befand sich aber mit in der Linie. Die vor meiner Fronte liegenden Anhöhen waren mit unsern Batterien besetzt. Der Gen. Barclay und die reitende Artillerie des Obersten Jermoloff, welche den Rückzug der Arriergarde gedeckt hatten, standen noch in Preussisch-Eylau, bald aber drang der Feind mit so grosser Macht gegen die Stadt, dass der General v. Barclay, ungeachtet er Wunder von Tapferkeit that, der überlegenen Anzahl weichen und sich zurückziehen musste. Sobald ich dieser Bemerkte, schickte ich ihm die 4. Division zur Unterstützung. Sie marschirte in 3 Colonnen ab, warf alles war ihr vorkam, übern Haufen, und nahm die Stadt mit Sturm wieder ein. Bei diesem Angriff erlitt der Feind einen sehr grossen Verlust, obgleich er in den Strassen der Stadt Kanonen aufgepflanzt hatte, und von allen Seiten aus den Fenstern der Häuser auf uns schoss. Der General Barclay wurde bei dieser Gelegenheit am Arme schwer verwundet. Nachdem bei Anbruch der Nacht der Feind gänzlich aufgehört hatte zu schiessen, zog ich sämmtliche Truppen aus der Stadt in der Absicht zurück, meine ganze Macht auf der andern Seite zu versammeln, und mich zu einem allgemeinen Angriff auf den folgenden Tag vorzubereiten. Um mich aber gegen jeden nächtlichen Allarm zu sichern, stellte ich die durch das Archangelsche Regiment verstärkte 4. Division zwischen die Stadt und die Armee, das detaschirte Corps des Generals Barclay aber zog sich an den linken Flügel des Generals Bagavoust. -- Den 27. Jan. (8. Febr.) um 5 Uhr Morgens, formirte ich in der Mitte meiner Stellung 2 Colonnen, und übergab das Commando derselben dem General-Lieutenant Doctoroff [xx]; eine 3. Colonne aber, aus der Division des Gen. Grafen Kamensky bestehend, stellte ich auf meinen linken Flügel, und die Brigade des General Markoff füllte die Lücke meiner Linie aus, welche die en Colonne gesetzte 7. Division gelassen hatte. Mit Tagesanbruch kam der Feind durch die Stadt angezogen, und ich schickte ihm einige Jägerregimenter entgegen. Zu gleicher Zeit wurde ich gewahr, dass zwischen der Stadt und der rechts derselben befindlichen Anhöhe, worauf feindliche Batterien standen, mehrere Französische Colonnen sich befanden, welche sowohl, als die Batterien mein Centrum bedrohten. Ich liess sogleich meine Batterien sowohl gegen die feindliche Artillerie, als gegen die aus der Stadt defilirenden Truppen richten, wodurch die Französischen Colonnen gezwungen wurden, Halt zu machen. Auf einer andern Seite wurde die Französische Cavalerie, welche den General Toutschkow [xx] auf seinem rechten Flügel attaquirt hatte, durch das Feuer der Artillerie des Grafen Siewers zurückgeworfen. Der Feind bemächtigte sich eines vor unserm rechten Flügel liegenden Dorfes, und schien unsere rechte Flanke mit einer beträchtlichen Macht zu bedrohen, es gelang mit aber ihn sehr geschwinde durch das 24. Jägerregiment, und einige andere Scharfschützen aus gedachtem Dorfe zu vertreiben. Mittlerweile sahen wir mehrere frische Colonnen der Französischen Garden aus Preussisch Eylau ankommen, welche meinen rechten Flügel und das Centrum angreifen wollten. Der Gen. Toutschkow [xx] liess sogleich den Generalmajor v. Fock mit seiner Brigade vorrücken, welche von zwei Dragoner-Regimentern unterstützt, den Feind mit dem Bajonnett angriff, zurückschlug, und eine Menge Menschen tödtete, worauf sich der Feind in grösster Unordnung zurückzog, und 8 Kanonen im Stiche liess. Der General Zapolsky, welcher mit einer der Reservecolonnen, die hinter dem Centro standen, auf Befehl des General Doctoroff [xx] deployiren musste, empfieng den Feind mit einem so wohl unterhaltenen kleinen Gewehrfeuer, dass derselbe zum Weichen gebracht wurde, und ohne dem Feinde Zeit zu geben, sich zu sammeln, gieng er mit gefälltem Gewehr auf ihn los, warf ihn übern Haufen, erbeutete einen Adler, und machte 130 Gefangene. Zu gleicher Zeit kamen einige von der Infanterie unterstützte Escadrons Französischer Cavalerie gegen den linken Flügel unsers Centrums, und wagten es durch eine Intervalle unsers ersten Treffens durchzugehen, wo sie aber von den Kosacken und etwas Cavalerie mit so glücklichem Erfolge angegriffen wurden, dass nur 18 Mann davon kamen, die übrigen aber niedergehauen wurden.

Die feindliche Infanterie, welche obige Escadrons unterstützte, wurde von dem Moskowschen Grenadierregiment unter dem Befehl des Prinzen Carl v. Mecklenburg-Schwerin, und dem Schlüsselburgschen Infanterieregiment, welches der Gen. v. Essen dahin detaschirt hatte, zurückgeworfen. Sie zog sich gegen die feindliche Colonne zurück, welche unser General Zapolsky zurückdrängte, und vereinigte sich mit ihr. In dem nämlichen Augenblicke fieng diese Colonne, zu welcher noch zwei andere feindliche Cavalerie-Colonnen gestossen waren, ihren Angriff zu erneuern an, wurde aber durch die Generale Somoff und Zapolsky, mit zwei Cavalerie-Regimentern, welche hinter unserer Fronte gestanden waren, und mit dem grössten Ungestüm auf sie eindrangen, zurückgeworfen. Der Graf Orourke fiel mit 3 Escadrons des Pawlogradschen Husarenregiments dieser zurückgehenden Colonne in die Flanke, und verfolgte sie bis unter die feindlichen Kanonen. Das St. Petersburger Dragoner- und das Wladimirsche Infanterieregiment erbeutete bei dieser Gelegenheit zwei feindliche Adler. Bei diesem Rückzuge liess der Feind 20 Kanonen stehen. Der auf unsern rechten Flügel gerichtete feindliche Angriff wurde durch die Tirailleurs des Gen. Sacken [xx] aufgehalten. Der Gen. Bagavoust, welcher mit einem Detaschement der Avantgarde des Dorf Serpallen besetzt hatte, wurde gleich mit Tages-Anbruch angegriffen; er vertheidigte sich bloss durch seine Tirailleurs. Da aber die ihn angreifende Colonne Miene machte, das Dorf zu umgehen, so eilte ihm der General Kochowsky mit seinem unterhabenden litthauischen Ulahnenregimente und dem klein-reussischen Kürassierregimente zu Hülfe. Sie zwangen den Feind zum Rückzuge, den er in grösster Unordnung machte, und warfen ihn endlich bis in einen Wald. Die nämlichen Regimenter warfen sich mit einen so glücklichem und entscheidendem Erfolge gleich darauf auf andere Französische Infanteriecolonnen, welcher unterstützt von Cavalerie, sich nach unserer Mitte bewegten, warfen sie in der grössten Unordnung zurück, hieben über 300 Mann nieder, und machten 67 Gefangene, worunter sich 4 Officiers befanden. Der General v. Pahlen griff mit der Cavaleriebrigade des Gen. v. Korff mehrere Französische Colonnen, welche gegen die Division des General v. Sacken marschirten, an, warf sie übern Haufen, und erbeutete eine Fahne. Das Isumsche Husarenregiment und das kurländische Dragoner-Regiment machten gleichfalls mehrere glückliche Angriffe auf den Feind. Da der Feind sich solchergestalt von allen Seiten mit eben so grosser Heftigkeit, als sehr bedeutendem Verluste zurückgeschlagen sah, sammelte er, so viel er konnte, seine ganze Macht, und formirte sie in sehr starken Colonnen, welche sich nach unserm linken Flügel in der Absicht zogen, ihn zu umgehen. Der General Bagavoust, zu schwach einer so sehr überlegenen Macht zu widerstehen, sah sich genöthigt das Dorf Serpallen, welches er noch immer besetzt hielt, zu verlassen und anzuzünden, um eine andere Stellung zu nehmen. Seine vor ihm stehende Cavalerie griff den Feind einige Male an, musste sich aber hinter unsern linken Flügel zurückziehen. Mittlerweile verstärkte sich der Feind noch immer, und verfolgte seine Absicht, unsere linke Flanke zu umgehen. Der General Kamensky [xx], welcher bereits einige Verstärkung an den Gen. Baggavoust geschickt hatte, schickte noch die Regimenter von Uglitz und Kostroma auf dessen linken Flügel, und liess durch das Resansche Regiment das Dorf Klein-Sausgarten besetzen. Da der Graf von Ostermann [xx] eine ihm sehr überlegene Macht entgegenkommen sah, fand er nöthig, seinen linken Flügel zurückzuziehen, an welchen sich bald darauf der General Bagavoust anschloss, auf welchen diese starken Französischen Colonnen mit vor sich habender beträchtlicher Artillerie und Flanqueurs schnell vorrückten, und bereits unsere Flanke erreicht hatten. Obgleich der Graf von Ostermann [xx] den Feind mit einem sehr lebhaften kleinen Gewehrfeuer empfieng, und mehrere Male mit dem Bajonnet auf ihn eindrang, musste derselbe doch, seiner vielfältigen Bemühungen ungeachtet, etwas zurückziehen. Schon umgieng der Feind unsern linken Flügel, und zwang die Divisionen v. Sakken und Ostermann eine rückwärts gelegene Stellung zu nehmen, indem er alle seine Angriffe auf diesen einzigen Punkte richtete, und uns sehr lebhaft zurückdrängte. jetzt liess ich meine reitende Artillerie vorgehen. Der General Kutaysoff und Oberst Jermoloff errichteten ihre Batterien auf einer Anhöhe, und machten ein so heftiges Feuer auf den Feind, dass er in wenig Augenblicken Halt machte, das Vorwerk Auklappen, welches er besetzt hatte, in grösster Eile verliess, und in grösster Unordnung die Flucht ergriff. Zu gleicher Zeit griff der General v. Tschaplitz, welcher ein Detaschement Cavalerie commandirte, den Feind in dem Dorfe Kuschitten an, jagte ihn aus demselben heraus, hieb in die feindliche Colonne ein, und vernichtete sie beinahe gänzlich.

Während dieser Ereignisse langte der General-Lieutenant v. Lestocq mit seinem unterhabenden Preussischen Corps und zwei Russischen Infanterieregimentern auf dem Schlachtfelde an, und eilte zur Verstärkung unsers linken Flügels. Sobald er sich mit der Division des General Kamensky und dem Detaschement des Gen. v. Tschaplitz vereinigt hatte, marschirte er gegen den Feind, indem er denselben heftig mit seiner Batterie beschoss. Er zog sich sehr schnell nach dem linken Flügel des Feindes, um diesen zu umgehen, und verfolgte denselben bis zum Einbruch der Nacht, welche ihn zwang, das weitere Verfolgen einzustellen. Die Ankunft des Generallieutenants v. Lestocq, die Thätigkeit, mit welcher er alle seine Bewegungen vollführte, trugen sehr viel dazu bei, uns den Gewinn der Schlacht zu versichern. Während nun die Batterien unsers linken Flügels den Feind heftig beschossen, und der Generallieutenant v. Lestocq ihn anfieng zu verfolgen, wagte es der Feind, welcher das Dorf Schloditten besetzt hatte, dennoch nicht, unsern rechten Flügel, welcher bloss aus der Division des Gen. Toutschkoff bestand, anzugreifen, indem derselbe durch das Feuer einer starken Preussischen Batterie, welche der General v. Fock dort auf einer Anhöhe etablirt hatte, gedeckt war. Bei Einbruch der Nacht liess ich den Feind noch aus dem Dorfe Schloditten vertreiben, woselbst er viel Menschen verlor. Die Kosacken haben sich während der ganzen Schlacht vorzüglich ausgezeichnet, und 470 Gefangene gemacht. Diese mörderische Schlacht, welche den 26. Jan. (7. Febr.) um 3 Uhr Nachmittags angefangen hatte, endigte den folgenden Tag um Mitternacht. Der Verlust des Feindes beläuft sich nach seinem eigenen Geständniss auf 30,000 Mann Todte, und 12,000 Blessirte; 2000 Franzosen sind zu Gefangenen gemacht, und 12 Adler erbeutet. Unser Verlust besteht aus 12,000 Todten und 7900 Blessirten; 14 Französische Generals sind todtgeschossen oder verwundet, 9 unserer Generals sind verwundet, die meisten davon aber so leicht, dass sie bereits wieder bei der Armee eingetroffen sind. Ich würde die erste meiner Pflichten verletzen, wenn ich nicht Ew. kaiserl. Majestät Truppen das Zeugniss der ausdauerndsten Tapferkeit ertheilte, welches sie verdienen, und Ew. kaiserl. Majestät unterthänigst versicherte, dass Allerhöchstdero Armee, indem sie sich einen neuen unsterblichen Ruhm erworben hat, der Welt ein neues, ewig denkwürdiges Beispiel aufstellte, was eine Nation vermag, welche für die Vertheidigung ihres Vaterlandes ficht, und bereit ist, mit ihrem Blut und Leben den edelmüthigen Zweck ihres angebeteten Monarchen zu erreichen. Umsonst verschwendete der Feind seine grossen Hülfsquellen, vergebens suchte er den Muth seiner Soldaten anzufeuern, und vergebens opferte er einen so grossen Theil seiner Armee auf. Die Tapferkeit und der ausdauernde Muth der Russen widerstanden allen seinen Anstrengungen, und entrissen ihm einen lange streitigen Sieg. Da ich Meister vom Schlachtfelde geblieben war, blieb ich die Nacht auf selbigem stehen; ich dachte während dieser Zeit über die fernern Massregeln nach, die ich zu nehmen hätte, und ich darf mit Glück wünschen, dass ich den Entschluss fasste, nach Königsberg zu marschiren. Dort konnte ich meine Armee mit allem, was sie gebrauchte, im Ueberfluss versehen, dort fand sie die ihr nach einer langen und ehrenvollen Anstrengung nöthige Erholung, während die Geschwächte und muthlos gewordene Französische Armee fortdauernd unter den Waffen blieb. Ich hoffte durch diesen Zurückziehen die Französische Armee zu bewegen mir zu folgen, allein nur 12 Cavalerieregimenter, unter Anführung des Marschalls Murat, versuchten dieses, und wurden bei Mansfeld beinahe gänzlich vernichtet. Nach diesem neuen Verluste hat der Feind seinen Rückzug angetreten."

Freiherr v. Benigsen.


Preussischer Bericht.[]

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Königsberg den 10. Februar 1807.

"Die Schlacht vom 7ten und 8ten d. M. ist eine der merkwürdigsten in der Geschichte. Tapferkeit und Entschlossenheit von beiden Theilen verdienen die Achtung der Nachwelt. Der Talent beider Feldherrn hat sich gegenwärtig zu übertreffen gesucht; alles ist angewandt worden, was Gewandheit des Geistes vermag, um die Schlacht an grossen Folgen wichtig zu machen, und nie ist eine Schlacht geliefert worden, die zugleich von beiden Seiten so mörderisch war, und die dennoch so wenig für die Folge irgend eines Theils entschied. Der 8te Februar war in dieser Hinsicht der merkwürdigste Tag; gegenseitige Hartnäckigkeit kämpfte einen ganzen Tag mit der grössten Aufopferung. Keiner wollte weichen, erst gegen Abend war die Schlacht entschieden, und das Schlachtfeld wurde gegen den Feind behauptet. Eine zweitägige Anstrengung aller Kräfte, und die daher eingetretene Erschöpfung, vorzüglich aber der durchgängige Mangel an Munition, benahmen dem Russisch-Kaiserlichen General-Lieutenant von Bennigsen die Mittel, die Schlacht am folgenden Tage wieder aufs neue anzufangen. Er beschloss daher, sich erst mit der erforderlichen Munition zu complettiren, und da der Feind schon am vorigen Tage mit seinem linken Flügel einen Versuch auf Königsberg vermuthen liess; so hielten es Se. Excellenz am 9ten des Morgens für nöthig, zur Vorsicht den rechten Flügel ihrer Armee etwas gegen die Stadt zurückzulehnen, um diese, zur Heranziehung der Bedürfnisse so wichtige Communication, gegen den Versuch einer feindlichen Streiferei zu sichern. Der rechte Flügel der französischen Armee zog am Abend nach der Schlacht bis 5 Meilen vom Schlachtfelde; der linke behielt seine Stellung, gab dadurch den übrigen Truppen Zeit, sich wieder zu sammeln. Unser Verlust an beiden Tagen ist sehr beträchtlich, aber der des Feindes, nach Aussage der Gefangenen, noch bei weitem beträchtlicher. Funfzehn Adler sind von uns genommen, die Anzahl der Gefangenen ist nicht so beträchtlich, weil nur wenig Pardon zugestanden wurde. Vielleicht werden bei strengerer Nachsuchung noch mehrere Trophäen aufgefunden, weil die Kosaken nicht die Bestimmung und den Werth der Fahnen kennen, und mithin auch keine Aufmerksamkeit darauf verwendet haben. Unsere Truppen haben die höchsten Beweise ihrer unerschütterlichen Bravour abgelegt. Der beständige Bivouac und die schrecklichsten Fatiguen waren nicht im Stande die gute Stimmung unserer Truppen zu unterbrechen."


Vertraute Briefe.[]

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Friedrich von Cölln.

Vier und dreyßigster Brief [3].

Preußisch-Eylau.

Der Himmel wollte und wohl, da wir heute (ich hatte einen der Gegend kundigen Reisegefährten bey mir) Königsberg am Morgen verließen, indem nach einer ganzen Reihe von nassen, kalten, regnigten Tagen der Himmel sich aufklärte, und der Ocean aufhörte, seine regenschwangern Wolken über die Gegend zu verbreiten. Wir freuten uns über den langen vermißten Sonnenschein. Wurden wir nun vom Himmel nicht begossen, so wurden wir doch von dem ungeheuern Koth nicht befreyt, den die vortreffliche Landstraße von Königsberg nach Warschau (auf dieser liegt Eylau) sehr ergiebig producirt; überdieß hatten wir eine alte preußische Postchaise, das heißt, einen Leiterwagen mit zwey ungeheuern Sitzgebunden von Erbsenstroh (die grauen Erbsen sind das vorzüglichste Produkt der Provinz). Dieser Postwagen, die elastischen Sitze, auf denen man balanziren mußte, um nicht herunter zu fallen, die Schlaglöcher der Landstraße, der sich den Rädern entgegenballende Koth, stimmten uns nicht zur Freude, eben so wenig die Gegend, denn ½ Meile vor den Thoren von Königsberg befindet sich eine große Leede (Wüstung), deren Sterilität recht gut mit den abgedeckten Häusern der benachbarten Dörfer harmonirt; dieß soll von den Franzosen herrühren, um sich unter den Mauern von Königsberg ein Lustlager zu bauen. Dieß Lager hat die Königsberger amüsirt, denn es waren allerliebste kleine breterne Häuserchen, hinter welchen die Bewohner Gärten angelegt hatten; sie formten auch sehr künstlich aus Kieseln Namenszüge ihres Kaisers und ihrer Feldherrn. Man vergaß in Königsberg beynah sein Unglück über die kleine Soldatenstadt und die Galanterie seiner Einwohner. Man muß es den Franzosen lassen, daß sie sich ihre Lage, sey sie auch noch so schlecht, zu versüßen wissen.

Eylau ist 6 Meilen von Königsberg entfernt, und in Kreutzburg (eine kleine Stadt) wechselt man die Pferde. Von hieraus erwartet ich noch, 2 Meilen vom Schlachtfelde entfernt, unbestellte Felder, niedergebrannte Dörfer, abgedeckte Häuser, die Gegend überhaupt menschenleer, die vorhandenen Menschen nackt und bloß, von Hunger und Noth entstellt, Cadaver von Pferden zu Hunderten umherliegen zu sehen, und zweifelte im geringsten nicht daran, daß noch jetzt die Hand der Verwüstung auf Eylau und seinen Umgebungen ruhen müsse; denn Du weißt ja selbst, welche schreckliche Verwüstungsscenen man in Berlin von der hiesigen Gegend erzählte: da waren die Einwohner emigrirt, die Städte und Dörfer der Erde gleich gemacht u. s. w.

Gott sey Dank! so schlimm ist es nicht. Ich habe es mir zur Pflicht gemacht, so viel an mir ist, über den großen Gegenstand des verflossenen Feldzuges durchaus die Wahrheit zu sagen, also auch über die Schlacht von Eylau. Damit ich aber nicht alles durcheinander werfe, so will ich suchen, zuerst das Urtheil der Menge über die Schlacht von Eylau zu berichtigen, dann will ich von den Folgen reden, welche sie für Eylau und die dasige Gegend hatte. Du weißt es selbst, es ist in Deutschland nur eine Stimme darüber: der französische Kaiser hätte diese Schlacht (die erste in allen seinen Feldzügen) verlohren, ich habe es selbst geglaubt, denn der Zeugen waren zu viele; jetzt habe ich an Ort und Stelle die Wahrheit erfahren, daß er sie ohne Widerrede gewonnen hat.

Ich glaube, es würde dem Kaiser Napoleon weit mehr Ehre machen, wenn er sie verlohren, und dennoch seine geschwächte Armee an der Passarge den ganzen Winter durch erhalten, und dann bey Friedland doch seine Zwecke erreicht hätte. Er hat aber die Schlacht complett gewonnen, die Gegner mögen sagen, was sie wollen. Die französischen Nachrichten enthalten zu viele Phrasen und Exclamationen, besonders da sie deutsche Zeitungen als Organe benutzen, darum glaubte ihnen kein Mensch. Dennoch sind die Fakta, welche sie anführen, in der Hauptsache richtig; dieß fand ich auch in Eylau bestätigt.

Bis jetzt ist von der Schlacht kein Plan heraus, der brauchbar wäre, als der, den das Industrie-Comtoir in Weimar herausgegeben hat. Mit diesen, den französischen und russischen Berichten in der Hand, bin ich das ganze Schlachtfeld durchwandert, und habe größtentheils den französischen Bericht richtig gefunden. Ich würde diesen Bericht ungefähr folgendergestalt gegeben haben:

Den 6ten und 7ten Februar fand eine Schlacht bey Eylau statt, wie sie wohl schwerlich die Jahrbücher der alten und neueren Geschichte erzählen möchten.

Bekanntlich hatte der Kaiser der Franzosen den Versuch gemacht, die russische Armee am Narev zu vernichten; es wäre dann die Einnahme von Grodno erfolgt, wahrscheinlich bald darauf der russische Antheil von Pohlen in Aufstand gerathen, mit Preußen ein Frieden geschlossen, der es dem Sieger zur Disposition übergab, und nun konnte man im Jahr 1807 auf Rußlands eigentliche Grenzen und auf Petersburg loß operiren. Die Schlacht von Pultusk war aber nicht so entscheidend, als daß jener vielumfassende Plan des Kaisers hätte reusiren können. Die Russen machten eine Diversion an der Niederweichsel, die ihnen gegenüberstehenden Generale, Prinz Pontecorvo und Ney, mußten sich zurückziehen, und Napoleon sah sich genöthigt, mit der Hauptstärke seiner Armee die Ufer des Narev zu verlassen und sich Ostpreußen zu nähern. Mit Schnelligkeit und Ausdauer, allen Beschwerden ungeachtet, welche unfahrbare Wege und Mangel an Proviant entgegen stellten, führte die französische Armee diesen Marsch aus, und trieb den Feind vor sich her; sie marschirte theils über Landsberg, theils über Heilsberg gegen Königsberg, welches die Depots der Alliirten in sich enthielt.

Den 7. Februar langten die französischen Divisionen auf den Anhöhen an, sie sich ¼ Meile vor Eylau befinden, welche von den Russen besetzt waren. Um 2 Uhr Nachmittags fing der Kampf um diese Anhöhen an, und endigte sich früher, als man es erwartete, zum Vortheil der Franzosen. Dadurch, daß sie diese Anhöhen nahmen, machten sie sich zu Herren des Schlachtfeldes, denn sie hatten die Uebersicht der ganzen feindlichen Armee, konnten Detaschements auf ihre Flanken und in ihren Rücken senden, wie solches dann auch alles geschah. Es fehlte nur noch der Besitz der Stadt Eylau, um sich aller jener Vortheile zu bemächtigen, besonders ihres Kirchhofes, der höher liegt wie die Stadt selbst.

Es folgte also noch am 7ten ein hartnäckiges Gefecht um Eylau, zweymal nahmen es die Franzosen, zweymal wurden sie wieder daraus vertrieben. Am Abend blieben sie aber Herren dieses Punkts. Während dieser Affaire am 7ten war das Corps von Davoust seitwärts von Eylau rechts abmarschirt, um den Russen in die Flanke zu fallen; die Richtung dieses Marsches ging über Serpallen auf Kutschitten. Eben so marschirte der Marschall Ney in die rechte Flanke des Feindes nach Pompicken.

Nachdem Eylau erobert und von dem Kaiser ein Standpunkt auf dem Kirchhofe genommen war, von dessen Thurm man das Schlachtfeld übersieht, brach die Nacht ein. Kaum erschien der schreckliche 8. Februar, als die Schlacht von den Russen erneuert und Eylau angegriffen wurde.

Die schrecklichsten Scenen der Schlacht ergaben sich auf den Feldern zwischen Eylau und Schloditten; hier war das Augereausche Corps bestimmt das russische Centrum zu durchbrechen, es glückte aber nicht.

Unstreitig wäre das Manöver des Kaisers gelungen, welches er denen auf die Flügel der Feinde detaschirten Corps von Davoust und Ney aufgetragen hatte, wenn die Preußen nicht entgegengewirkt hätten.

Diese Divisionen hielt der Schnee und das schlechte Wetter auf, hauptsächlich war es aber der General Lestok.

Der General Lestok war schon in den Tagen vor der Schlacht von den Russen getrennt gewesen, zwischen seinem Corps und der russischen Armee war eine große Lücke; wäre der Marschall Ney in diese hineingerathen, so war die preußische Armee abgeschnitten, und die russische in der Seite genommen. Der Zufall wollte es aber anders. Lestok hatte sich am 6ten und 7ten von Mehlsack nach Hussehnen gezogen, und erhielt am 8ten, wo er recht gut wußte, daß die große russische Armee engagirt sey, Befehl, sich auf ihren rechten Flügel zu ziehen, damit er, wenn die Schlacht verlohren ging, nicht von der Memel abgeschnitten würde, und auch die Flanke deckte. Er zog sich also von Hussehnen gegen Althof; das mit ihm verbundene Plötzesche Corps, welches den Nachtrab ausmachte, stieß nun gerade auf das Neysche Corps, als solches im Begriff war den rechten russischen Flügel zu umgehen, und engagirte sich mit denselben, wodurch für jenes die Zeit verlohren ging. Auf dem linken russischen Flügel traf aber Lestok noch zur rechten Zeit ein, um sich dem Marschall Davoust entgegen zu werfen, wohin ihn Bennigsen translozirt hatte. Dieß geschah durch das Rüchelsche und Schönningsche Regiment, an welche sich das russische Reg. Wyburg anschloß. Diese separate Affaire entstand bei Kutschitten, dehnte sich bis Auklappen aus, und vereitelte die Pläne des Kaisers, die Russen im Rükken zu nehmen. Dieß war eben so der Fall mit dem Angriff des Prinzen Murat, der 11 Cavallerieregimenter zusammen nahm, und damit auf den Feind einbrach.

Mochten seine Thaten auch noch so glänzend seyn, sie wirkten nicht; die Russen lehnten sich an einen Wald, der ihren Rücken schützte, wo alle Cavallerie-Manöver von selbst scheiterten.

Nun brach der Abend ein, das Schlachtfeld lag voll Leichen; in Eylau konnte man vor Cadavern die Straßen nicht passiren, und nichts war entschieden. Es erzählen die russisch-preußischen Privatberichte: die Franzosen wären retirirt; aber der General Bennigsen sey bestochen gewesen, und statt die Franzosen zu verfolgen, habe er sich angeblich aus Mangel an Munition nach Königsberg zurückgezogen. Das ist nicht wahr.

Die Franzosen blieben auf dem Schlachtfelde und in Eylau; die Russen zogen sich um 10 Uhr Abends langsam an den Pregel zurück. Den 9ten und die folgenden Tage verfolgten die Franzosen den Feind bis nach Mansfeld, 2 Meilen von Königsberg. Dieß war der äußerste Punkt ihres Wirkens. Bis zum 17. Februar blieben sie Herren dieser Gegenden, dann retirirten sie eilig hinter die Passarge, 7 Meilen vom Schlachtfelde. Daß dieß sehr eilig geschah, beruht auf einen richtigen Grundsatz der neueren Strategie. Sieht man die Nothwendigkeit eines Rückzugs ein, so muß man ihn um vollen Lauf dahin machen, wo man sich wieder festsetzen will; dieß war im vorliegenden Fall die Passarge. Wenn die alten Feldherrn sagten:

Die Armee zog sich zurück, indem sie dem Feinde jeden Schritt des Terrains streitig machte,

so will dieß wenig sagen, denn man verfehlt dadurch seinen Zweck, um schwächt sich ohne Noth.

Die preußischen Officiere sagen jetzt:

Wenn Bennigsen am 9ten die Schlacht erneuerte, so wurde die französische Armee völlig vernichtet. dieß ist sehr problematisch. Es kann seyn, ist mir aber nicht recht wahrscheinlich.

Wäre es wahr, daß die Franzosen schon am 8ten Abends retirirt wären, und man hätte es unterlassen, sie zu verfolgen, dann wollte ich jener Aeußerung beystimmen.

Soll ich Dir nun etwa noch erzählen, wie viele Todte diese Schlacht der Unterwelt übergab, so laß mich darüber schweigen; denn theils entscheidet das nichts, theils ist es nicht mit Sicherheit, selbst nicht einmal mit Wahrscheinlichkeit auszumitteln.

Wenn man auf die Folgen sieht, welche diese berühmte Schlacht für Napoleon hatte und haben konnte, so ist es gewiß, daß für diesen Feldzug sein Plan, Königsberg zu nehmen, vereitelt war. Unstreitig aber konnten die Folgen für ihn noch verderblicher seyn, wenn Bennigsen Kopf genug gehabt hätte, über Danzig ihm Diversionen zu machen, wenn das Essensche Corps thätiger gewesen wäre, wenn man in der Türkey bessere Fortschritte gemacht hätte. Man sagte aber: Bennigsen haben wohl einen Beutel, aber keinen Kopf gehabt; er sey ein entnervter Mann gewesen, der jedesmal, ehe er mobil wurde, sich mit wollenen Tüchern und mit Spiritus habe reiben lassen müssen. Seine Frau, die ihn begleitete, sprach ihm stets viel von seinen Heldenthaten vor, und meynte: Er solle doch zu Hause ihr und den Penaten leben, er habe genug für das Vaterland gethan.

So viel scheint mir aus allen Erzählungen klar zu seyn, daß Bennigsen ein ganz gewöhnlicher Kopf und durchaus seinem Gegner nicht gewachsen war. Wenn etwas den Franzosen und ihrem großen Führer, sowohl bey Pultusk als bey Eylau, widerstand, so war es die Bravour und Todesverachtung der Russen. Diese war es, welche sich mit einem unerwartet nassen Winter vereinigte, und die Operationen Napoleons, wenn auch nicht vereitelte, doch aufschob.

Jetzt wollen wir auf das Schlachtfeld wandern. Wo ich heute war, sah ich keine Spur mehr von einer Schlacht. Nur in Eylau selbst und in den benachbarten Dörfern siehst Du (hin und wieder) Brandstellen und Merkmale der in die Wände eingeschlagenen Kugeln, selten die Cadaver von Pferden. Die Felder sind jetzt ziemlich bestellt, Eylau ist wieder bewohnt, die beschädigten Fenster sind reparirt, und wenn nicht eine Epidemie, welche in Preußen allgemein herrscht, ¼ der Einwohner aufgerieben hätte, so würde man dem äußern Scheine nach gar keine Folgen einer Schlacht in Eylau bemerken können.

Eylau brannte vor 4 Jahren ab, und wurde seitdem neu und massiv wieder aufgebaut. Da alle Häuser neu und mit Ziegeldächern versehen sind, so gewährt der Ort eine einnehmende Ansicht. Wenn man aber in das Innere der Häuser, in den bedaurungswürdigen Zustand der Einwohner eindringt, dann überzeugt man sich bald, daß hier eine der fürchterlichsten Schlachten Statt fand, welche die Geschichte kennt.

Der Ort war während der Schlacht der Plünderung offen, wie solches schon aus der Sache selbst hervorgeht. Wenige Einwohner ausgenommen, wurden alle, sowohl Reiche als Arme, bis aufs Hemde ausgezogen; es wurden ihnen alle Lebensmittel genommen, und ihr Zustand war schrecklich. Die Kirch habe ich besucht, welche man zum Lazareth gemacht hatte; noch heute war sie nicht aufgeräumt, und ihr Anblick war Grausen erregend.

Vier Wochen nach der Schlacht beerdigte man noch die Todten auf dem Schlachtfelde; die Franzosen hatten es behauptet, natürlich ließen sie ihre Todte zuerst begraben und ihre Blessirten zuerst verbinden. An die Russen kam die Reihe zuletzt, daher krochen blessirte Russen auf dem Schlachtfelde und selbst in Eylau herum, um sich Lebensmittel zu suchen; da die Unglücklichen nichts erhielten, weil nichts da war, so suchten sie an den Rennsteinen und im Kehricht den Abgang aus den Küchen auf, und sammelten die Erbsen, welche beym Füttern der Pferde im Schnee verloren waren, um ihren Hunger zu stillen. Endlich brachte man die wenigen noch übrigen gebliebenen unter, wo sie ihrem Tode langsam entgegen moderten. Man hatte in der hiesigen Gegend so sehr den Ekel und Abscheu für Cadaver überwunden, daß man über Reihen von Leichnamen wegfuhr, als wären es Knüppeldämme, und da die Gewinnsucht die Menschen auch im größten Elend nicht verläßt, so bestand die Beschäftigung von Eylaus Bürgern nach der Schlacht dahin, das Schlachtfeld und Todten zu durchwühlen, um nach Geld und Geldeswerth, nach Armaturstücken und Kugeln zu suchen, um damit einen Handel zu treiben. Man schnitt selbst den Leichen die Wunden auf, um die Kugeln heraus zu nehmen.

Wenn man behauptet: die jetzt grassirenden Krankheiten wären von der schlechten Luft entstanden, welche die flachbegrabenen Todten verbreitet hätten, so ist dieß nicht wahr; denn obzwar das Schlachtfeld in der Hitze des Sommers noch einmal revidirt und die eingefallenen Gräber frisch überschüttet werden mußten, so hat diese Ausdünstung doch jene Krankheit nicht bewirkt.

Wohl mag die Angst, welche die Einwohner während jener Schreckenstage ausstanden, die schlechten Nahrungsmittel in der Folge, Gramm über die Zerstörung ihres Vermögens, auf ihre Nerven eingewirkt haben.

Ich glaubte in Eylau ein elendes oder wohl gar kein Quartier, nichts zu leben, und alles krank zu finden. Ich kam aber in dem Hause der Frau Bürgermeisterin Janozky unter, wo Napoleon logirt hatte. Ich erhielt ein sehr reinliches, gemaltes, völlig meublirtes Zimmer, ein sehr reinliches, gutes Bett, und recht gutes und schmackhaft zubereitetes Essen. Jedoch dominirt unter den Fleischsorten hier, so wie in Königsberg, der Schöps, weil es am Rindvieh fehlt, unter welchem ein Pest grassirt. Mordthaten, Nothzuchten u. dgl. sind hier nicht vorgefallen; man begnügt sich an dem beweglichen Eigenthum der Einwohner.


Zeitungsnachrichten..[]

1807.[]

[12]
Königsberg vom 27. Febr. Aus Preussisch-Eylau erfährt man nun nach und nach die schrecklichen Folgen, welche die unglückliche Stadt und umliegende Gegend durch die Schlacht hat empfinden müssen. Es fehlte schon seit mehreren Tagen an den nothwendigsten Bedürfnissen, an Lebensmitteln xc., mehr als 60 Einwohner sind bereits Hungers gestorben; überall herrscht Tod und Elend. In den Strassen der Stadt sind noch die Todten gehäuft, und auf dem Schlachtfelde liegen noch mehr denn 10,000 Leichen und 12,000 Pferde unbeerdigt. Die ganze Gegend trägt das Bild der schrecklichsten Verwüstung; mehrere Dörfer sind zum Theil niedergebrannt, und fast alle gänzlich von den Einwohnern verlassen. Es hält daher sehr schwer, die zur Beerdigung erforderlichen Arbeiter herbeyzuschaffen, und müssen solche erst aus den entfernteren Gegenden zu diesem Zweck zusammengebracht werden.


1808.[]

Rußland. [13]

Petersburg den 20. April. Die heutige Zeitung enthält ein Verzeichniß der Offiziere, die auf Empfehlung des Generals von der Kavallerie, Baron Bennigsen, für ihre Thätigkeit in der Schlacht bey Preussisch-Eylau am 7. und 8. Febr. 1807, das militärische Auszeichnungszeichen erhalten haben. Sie sind nach den verschiedenen Regimentern aufgeführt. Die List enthält 846 Namen.


Musée Carnavalet Paris


[L'Empereur visite la Champ de Bataille de Preuis-Eylan, le 9 Fevrier 1807.]

Einen Auszug eines Schreibens daher.[]

[14]

Königsberg, d. 8/20 Febr. 1807.

Ich war auf dem Schlachtfelde. -- Trauriger, empörender Anblick!! Du wirst meinem Gedächtnisse nie entgehen. Alles war noch mit Leichen besäet, und selbst in den zerstörten Straßen Eylau's lagen unbeerdigte Körper. Nicht ein Bissen Brod ist hier zu bekommen; glücklicherweise brachten wir alle Lebensmittel aus Königsberg mit, sonst hätten wir sicher darben müssen. Noch ist die Betäubung und Verwirrung hier zu groß, als daß man an das Begraben der Todten hätte denken können. Man schätzt die blutigen Opfer auf beyden Seiten gegen 40,000 Mann an Todten und Verwundeten.

Empörend sind die Unmenschlichkeiten, die man sich von den Franzosen erzählt. Mehrere russische Offiziere, die mit Wunden bedeckt, aus Mangel an Kräften dahin gesunken waren, wurden nicht nur allein geplündert und ihrer sämmtlichen Kleidungsstücke beraubt; sondern auch in diesem höchst elenden und traurigen Zustande mit Brutalität von den unbarmherzigen und raubbegierigen Kannibalen behandelt. -- Wie mancher brave Offizier ging vielleicht auf eine höchst elende Art verloren, der dem Staate hätte gerettet werden können.

So erzählt man auch von einem verwundeten französischen Offizier, der einige Tage nach der Schlacht bis an einen russischen Vorposten hingekrochen und um Gotteswillen nach Hülfe stöhnte, daß er von seinen eignen Landsleuten, die ihn wahrscheinlich für todt hielten, alles Geldes und Geldeswerthes beraubt worden sey. Man nahm ihn auf, brachte ihm Labung, verband seine Wunden, und sein erstes Wort, nachdem er sich erholt hatte, war: "Ach! ich habe Weib und Kinder zu Hause! helft mir, gute Menschen!"

So handelten Russen; die die civilisirten und humanen Franzosen schossen russische Gefangene, wenn sie vor Hunger und Mattigkeit auf dem Marsche nicht weiter konnten, mit Flintenkugeln vollends darnieder. Weine Menschheit! daß Krieger, die als Helden für ihr Vaterland gekämpft haben, schändlich gemordet, vielleicht unbeerdiget von Raben und Hunden verzehrt werden! Hülle dich in Trauer, Genius der Menschheit! wenn das Bett der Ehre zum Anger gemacht wird, und Männer, die für ihre Mitbürger geblutet haben, der Brutalität raubbegieriger Kannibalen ausgesetzt sind.


Von Reisende.[]

Jean-Philippe Graffenauer.[]

[15]

Zwischen Liebstadt und Wormditten besahen wir, mit vorzüglichem Wohlgefallen, das hier aufgeschlagen gewesene, jetzt geräumte französische Lager. Es bestand aus mehreren Reihen Baracken, die aus Tannenzweigen, Stroh und Baumrinde zusammen gesetzt waren. Andere waren äußerst künstlich aus Schilf geflochten; manche hatten sogar Fenster. In jeder dieser Hütten fanden acht bis zehn Mann Platz. An den Wegen, die durch das Lager führten, waren Tannenzweige gepflanzt. Das Ganze gewährte einen sehr gefälligen Anblick, und hatte das Ansehen eines großen Dorfes.

Wormditten ist eine armselige kleine Stadt mit einem Schlosse, welches vormals die Bischöffe von Ermeland bewohnten.

Ganz Landsberg fanden wir mit Verwundeten angefüllt, die nach der Schlacht bey Friedland hieher geschafft worden waren. In Ermangelung eines Hospitals, hatte man sie bey den Bürgern einquartirt. Die mehresten waren an der Hand, am Arme oder am Kopfe verwundet, und seit einigen Tagen nicht verbunden; sie hatten den Weg vom Schlachtfelde hieher zu Fuße machen müssen, und sehnten sich nach der Aufnahme in ein Hospital. Eine beträchtliche Anzahl russische Gefangene waren in die Kirche eingesperrt.

Bey Preußisch-Eylau nahmen wir das Schlachtfeld in Augenschein, wo einem russischen hier gebliebenen General ein Denkmahl errichtet war. Dieses Schlachtfeld, auf welchem man noch vor kurzem nichts als Schnee und Blut sah, war jetzt mit dem lieblichsten Grün bedeckt. Nur mit Mühe konnte sich die Phantasie auf diesen lieblichen Gefilden die furchtbaren Auftritte vergegenwärtigen, von denen sie in der grausenden Schlacht vom 8ten Februar d. J. Zeuge gewesen waren.

Wir besuchten auch den unweit der Stadt gelegenen Gottesacker, wo der Feind einige Regimenter postirt hatte, die den hartnäckigsten Widerstand leisteten; auch bestiegen wir den eine halbe viertel Meile von der Stadt belegenen Hügel, über welchen der Marschall Davoust in dem Augenblick vordrang, als der Sieg noch ungewiß war, den Feind überflügelte, und ihn auf dem Rückzuge schlug. Drey hundert Feuerschlünde verbreiteten an jenem stets merkwürdigen Tage auf beiden Seiten Tod und Verderben. Es war ein furchtbares Gemetzel! -- Noch acht und vierzig Stunden nach der Schlacht, lagen fünf hundert blessirte Russen hier unter freiem Himmel, deren Wunden noch nicht verbunden waren. Der Kaiser Napoleon war in den ersten Tagen nach der Schlacht hier gegenwärtig, um die Verfügungen zu treffen, welche die Menschlichkeit zur Pflicht macht.

Man erzählt, daß der Monarch, der bey dem lutherischen Prediger anderthalb Meilen von Eylau sich einquartirt hatte, in ein auf dem Schreibtische des Geistlichen liegendes Stammbuch folgende merkwürdige Worte schrieb: "Entzückender Zufluchtsort der Ruhe und des Friedens! warum mußt du der Schauplatz der Schrecknisse des Krieges werden?"

Die Stadt Eylau ist klein, wohlgebaut und besitzt keine erheblichen Merkwürdigkeiten.

Domnau war ganz mit Verwundeten angefüllt. Vor der Stadt sahen wir am Wege viele noch unbegrabene Todte liegen.

Der Weg von Domnau nach Königsberg beträgt ungefähr fünf Meilen. Der Boden schien fruchtbar zu seyn; auch sah man Spuren fleißiger Kultur. Leider fanden wir aber mehrere verwüstete und menschenleere Dörfer.


Quellen.[]

  1. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  2. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  3. Nordisches Archiv. Riga, in der Expedition des nordischen Archiv's.
  4. Wiener-Zeitung Nro. 18. Mittwoch, den 4. März 1807.
  5. Historisch-militärisches Handbuch für die Kriegsgeschichte der Jahre 1792 bis 1808. Von A. G. Freiherrn von Gross. Amsterdam, im Verlage des Kunst- und Industrie-Comptoire. 1808.
  6. Nordisches Archiv. Riga, in der Expedition des nordischen Archiv's.
  7. Nachricht von der Schlacht bei Preussisch-Eylau am 8. Februar 1807. Mit der Charte der Gegend um Preussisch-Eylau und dem Plane der Schlacht. Zweite sehr vermehrte Ausgabe. Weimar, im Verlage der Geographischen Instituts 1807.
  8. Historisch-militärisches Handbuch für die Kriegsgeschichte der Jahre 1792 bis 1808. Von A. G. Freiherrn von Gross. Amsterdam, im Verlage des Kunst- und Industrie-Comptoire. 1808.
  9. Nachricht von der Schlacht bei Preussisch-Eylau am 8. Februar 1807. Mit der Charte der Gegend um Preussisch-Eylau und dem Plane der Schlacht. Zweite sehr vermehrte Ausgabe. Weimar, im Verlage der Geographischen Instituts 1807.
  10. Nachricht von der Schlacht bei Preussisch-Eylau am 8. Februar 1807. Mit der Charte der Gegend um Preussisch-Eylau und dem Plane der Schlacht. Zweite sehr vermehrte Ausgabe. Weimar, im Verlage der Geographischen Instituts 1807.
  11. Vertraute Briefe über die innern Verhältnisse am Preussischen Hofe seit dem Tode Friedrichs II. . . . Band. Amsterdam und Cölln 1807. bey Peter Hammer.
  12. Wiener-Zeitung Nro. 32. Mittwoch, den 22. April 1807.
  13. Wiener-Zeitung. Nro 41. Sonnabend, den 21. May 1808.
  14. Nordisches Archiv. Riga, in der Expedition des nordischen Archiv's.
  15. Meine Berufsreise durch Deutschland, Preußen und das Herzogthum Warschau, in den Jahren 1805, 1806, 1807 und 1808. Von J. P. Graffenauer, Doktor der Arzneygelahrtheit, vormaligem Arzte bey der großen französischen Armee, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede. Chemnitz, bey Carl Maucke. 1811.

Literatur.[]

  • Relation der Schlacht bei Preussisch-Eylau den 7ten und 8ten Februar 1807. Nebst Einem Plan herausgegeben von Both, Königl. Preuss. Major, des Verdienstes-, St. Annen- und St. Wladimir-Ordens Ritter. Berlin, in Commission bei Simon Schropp & Comp.
  • Die Schlacht von Eylau, gewonnen von der Grossen Armee unter persönlicher Anführung von Napoleon, Kaiser der Franzosen und König von Italien, gegen die vereinigten Armeen der Russen und Preussen, den 8. Februar 1807.
  • Nachricht von der Schlacht bei Preussisch-Eylau am 8. Februar 1807. Mit der Charte der Gegend um Preussisch-Eylau und dem Plane der Schlacht. Zweite sehr vermehrte Ausgabe. Weimar, im Verlage der Geographischen Instituts 1807.

Karten.[]


Plan der Schlacht bei Eylau.


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