Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Sardinien, eine Insel im mittelländischen Meere, welche den Titel eines Königreiches führt, und zu Italien gerechnet wird.

Ihre größte Länge von Norden nach Süden beträgt 36, und ihre größte Breite 18 Meilen, überhaupt hat sie einen Flächenraum von 420 Quadratmeilen, wird gegen Morgen vom tyrrhenischen, gegen Mittag vom afrikanischen, gegen Abend vom sardinischen Meer, und gegen Mitternacht von dem Canal Bonifacii umgeben, und durch den letztern von Corsica getrennt.

Der Boden ist sehr fruchtbar an Oel, Getraide, Wein, Feigen und andern vorzüglichen Baumfrüchten. Holz haben die Berge im Ueberfluß, aber wegen der schlechten unfahrbaren Straßen und Wege müssen die Seestädte ihr meistes Holz auf Corsica kaufen. Aus eben der Ursache hat Sardinien auch noch kein Posten. Die Pferde, welche in einigen Gegenden wild herumlaufen, sind, so wie das Hornvieh, klein, aber schnell und wohl gebaut. Der Fischfang ist bedeutend, auch wird viel Salz und Käse gemacht, und mit letzterm ein starker Handel nach dem Auslande getrieben. Der Handel mit Getraide aber wird durch die zu großen Auflagen auf die Ausfuhr gehindert.

Die Insel hatte 1788 nur 456,990 Einwohner. Die Ursache dieser geringen Bevölkerung liegt in den großen Besitzungen und Vorrechten der Geistlichkeit und des Adels, denn keiner des letztern Standes z. B. kann bei einem Gerichtshofe belangt werden, sondern sieben Personen seines Standes müssen den Streit entscheiden. Die Sardinier sind, gleich den Corsen, unversöhnlich rachgierig, aber arbeitsam, aufgeweckt und erfinderisch.

Dies Königreich wird in zwei Haupttheile getheilt, Capo di Sotto (den untern Theil), und Capo di Sopra (den obern Theil).

Erst 1154 erhob der Kaiser Friedrich I. diese Insel zu einem Königreiche, nachdem sie vorher der Herrschaft der Römer, Vandalen, Sarazenen, Pisaner und Genueser in verschiedenen einander folgenden Zeiträumen unterworfen gewesen war. Die Päpste suchten sich dieses Königreichs zu bemeistern, und da ihnen das fehlschlug, verschenkte Bonifacius VIII. Sardinien an das königlich aragonische Haus, welches nach mehreren Hindernissen 1324 zum ruhigen Besitz kam. Auf diese Weise gehörte die Insel bis 1708, da die Engländer sie für das Haus Oesterreich eroberten, zu Spanien. Im utrechter Frieden (1713) wurde sie auch förmlich dem Hause Oesterreich zugesprochen, dem sie aber 1717 von dem Könige Philipp V. von Spanien wieder entrissen wurde. Endlich wurde Sardinien 1720 dem Herzoge von Savoyen, als ein Ersatz für Sicilien eingeräumt, welcher sie durch einen Vicekönig verwalten ließ, und außer der königlichen Würde wenig Vortheil davon hatte. Durch Frankreich zu der Entsagungsacte auf Piemont (9ten December 1798) genöthigt, begab sich der König nach Cagliari, da Sardinien jetzt allein ihm noch von seinen Staaten übrig geblieben war. Doch kehrte er im Jahre 1815 wieder nach Turin zurück (s. unten).

Die Einwohner Sardiniens werden übrigens sehr gelinde regiert, und bei ihren alten Rechten und Gebrauchen gelassen.

An Fabriken und Manufacturen fehlt es fast durchgehends, und die ganze Insel hat kein einziges Schiff, um ihre Producte selbst auszuführen. Selbst die Thun und Corallenfischerei wird von andern Nationen, als Engländer, Franzosen, Genuesern, Sicilianern xc. getrieben, und eine Abgabe für die Erlaubniß dazu, und zwar von dem Thunfischfang an einige sardinische Familien, für die Corallenfischerei aber an den König bezahlt.

Die königlichen Einkünfte waren ehedem so unbedeutend, daß damit nicht die öffentlichen Kosten, als die Besoldung der Beamten und des wenigen, auf der Insel befindlichen Militärs bestritten werden konnten. Die Einkünfte betrugen im Jahre 1811 nur circa 200,000 Thlr., wovon für die Erhaltung der königlichen Familie und des Hofstaats nicht mehr als 40,000 Thlr. übrig blieben.

Die Einwohner sind catholisch, und reden mehrere Mundarten, die zum Theil ein Gemisch des Spanischen und Italienischen sind. Doch sprechen die Vornehmern ein reineres Italienisch.

Spanier, Neapolitaner und Sicilianer haben noch große Güter und Besitzungen auf der Insel.


Quellen und Literatur.

  • Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
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