Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Châlons sur Marne.[]


Châlons, sur Marne,[1] eine große und volkreiche Stadt in einer Ebne in Champagne, am Fluß Marne, welcher die Stadt in drey Theile absondert, nemlich in die Stadt, Insel und Vorstadt. Sie hat 2,800 Feuerstellen, und 11,120 Einwohner im Jahr 1802, ein schönes Rathhaus, eine schön angelegte Allee zur Promenade, ehemals 3 reiche Abteyen und viel andere Klöster, 11 Pfarrkirchen und schöne Manufakturen von Wollenzeugen, Müzen, Strümpfen und Leder. Jezt ist sie die Hauptstadt im Departement der Marne. Das Bißthum welches den Titel einer gräflichen Pairie hatte, und unter den Erzbischof von Rheims gehörte, ist aufgehoben. Die umliegende Gegend wird le Chalonnois, genennt, und sind in dieser Gegend die in der Historie berühmten Campi Catalaunici, in welchen Attila 453 geschlagen worden. Chalons ist zugleich der Hauptort eines Bezirks, zu welchem folgende Cantons gehören: Chalons sur Marne, Ecury sur Coole, Marson, und Suippes.


Von Reisende.[]

Ludwig Rhesa.

[1813]

Laon, den 12. März. 1814. [2]

Am 1sten März verließen wir Vitry, und fuhren längs der Marne nach Chalons, einer Stadt, die etwas grösser als Vitry, und 10,000 Einwohner enthält. Der Weg dahin führte uns bei La Lune vorbei, wo die Preußen vor 21 Jahren im Lager standen, und mit Hunger, Nässe und Krankheit zu kämpfen hatten. Bei Dorfe Chepy fanden wir die ersten Spuren der Verwüstung. Alle Einwohner waren entflohen, in den Häusern Dach und Thüren, kurz alles was von Holz ist, weggerissen. Da zu den Nachtfeuern hier durchaus kein Holz zu haben ist, so bleibt den Soldaten nichts übrig, um sich vor der grimmigen Kälte dieses Jahres zu schützen, als die Häuser niederzureißen. Sie haben zwischen Umkommen und Leben keine andre Wahl.

Das alte Catalaunum ist sehr schlecht gebaut, voll krummer Straßen und unansehnlicher Häuser. Ehemals ist hier auch ein Bischof gewesen, aber man hat das Bisthum aufgehoben und den Sprengel zur Diözese von Meaux geschlagen, wohin auch das Seminarium verlegt ist. Die Kathedral-Kirche ist mit Marmor ausgepflastert; war aber itzt zum Strohmagazin gemacht, nicht von unsern Truppen, sondern zuvor von den französischen Soldaten, die so wenig Achtung für ihre Heiligthümer haben, daß die Russen darüber erstaunen. Jeder gemeine russische Soldat schlägt erst ein Kreuz, bevor er eintritt und betet ein Stoßgebet, alsdann hohlt er sein Bündel Heu aus dem Gebäude, welches ihm auch in seiner Entwürdigung noch heilig bleibet.


Quellen.[]

  1. *Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Nachrichten und Bemerkungen aus den Feldzügen des Jahres 1813 und 1814, aus dem Tagebuche eines Feldgeistlichen in dem Preußischen Heere. Nebst einer Beschreibung der Schlachten, von welchen der Verfasser Augenzeuge war. Berlin, 1814. Bei Friedrich Maurer, an der Spittelbrücke No. 17.
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